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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 6 / 2 0 1 5
Titelthema
Vier Fragen an Carolin Greiner Mai
Carolin Greiner Mai war früher
selbst langjährige Schiedsrich-
terin der Frauen-Bundesliga.
Heute ist sie in der DFB-
Schiedsrichter-Kommission
Amateure für den Frauen-
Bereich zuständig, unter ande-
rem setzt sie die Spiele der
1. Frauen-Bundesliga an.
Frau Greiner Mai, wie hat sich
aus Ihrer Sicht der Frauen-
Bereich im DFB in den vergan-
genen Jahren entwickelt?
Carolin Greiner Mai:
Wenn wir
uns die Top-Ligen anschauen,
dann können wir eine sehr gute
Entwicklung in Leistungsstand
und Qualität der Schiedsrichte-
rinnen verzeichnen. Unsere
Unparteiischen machen einen
prima Job, das zeigt sich auch
daran, dass immer weniger
Kritik von Seiten der Vereine
kommt. Bezüglich der Nach-
wuchs-Gewinnung hatten wir
uns allerdings doch einen
etwas größeren Schub durch
die Frauen-WM im eigenen
Land erhofft. Hier sehen wir
uns inzwischen ähnlichen Pro-
blemen wie bei den Männern
ausgesetzt, insgesamt gehen
die Zahlen bei den Schiedsrich-
tern zuletzt ja wieder leicht
zurück.
Die Aufstiegsmöglichkeiten im
Frauen-Bereich sind aber nach
wie vor gut, oder nicht?
Greiner Mai:
Sie sind jedenfalls
nach wie vor besser als bei den
Männern. Trotzdem ist es auch in
unserem Bereich heute nicht
mehr so, wie es noch vor zehn
Jahren war. Damals gab es relativ
wenige Schiedsrichterinnen auf
Top-Niveau, dementsprechend
bekam man oft schon innerhalb
von rund zwei Jahren die Chance,
in der 1. oder 2. Bundesliga zu
pfeifen. Heute ist das nicht mehr
so einfach. Das ist aber auch gut
so, denn natürlich brauchen auch
die Schiedsrichterinnen die Erfah-
rung.
Mit Riem Hussein und Katrin Ra-
falski sind zur laufenden Saison
zwei Frauen in den Profi-Bereich
der Männer aufgestiegen. Welche
Bedeutung hat so ein Aufstieg
für das Schiedsrichter-Wesen bei
den Frauen?
Greiner Mai:
Es ist auf jeden Fall
ein gutes Zeichen für die Schieds-
richterinnen in den unteren Ligen,
weil der Aufstieg von Riem und
Katrin zeigt, dass es sich lohnt,
zu kämpfen und Einsatz und Leis-
tungswillen zu zeigen. Dass es für
Frauen nach wie vor schwieriger
„Die Richtung stimmt“
ist, sich im Männer-Bereich zu etab-
lieren, ist klar. Man sieht aber nun,
dass Bibiana Steinhaus keine Ein-
zelerscheinung mehr ist. Die Rich-
tung stimmt.
Wie soll diese Richtung in der
Zukunft weiter definiert werden,
welche Schritte sind im Frauen-
Bereich in nächster Zeit zu
gehen?
Greiner Mai:
Wir sind gerade
schon dabei, die Strukturen zu
ändern, hier müssen aber noch
viele Gespräche geführt werden.
Die „Frauen-Beauftragte“ Carolin Greiner Mai (rechts),
hier im Einsatz als Schiedsrichter-Betreuerin bei der
Frauen-WM 2011 in Dresden (zusammen mit FIFA-Schieds-
richterin Jacqui Melksham aus Australien).
Einerseits mit den Schiedsrich-
terinnen, andererseits aber auch
in der Kommission. Ich denke,
eine weitere Professionalisie-
rung ist auch im Frauen-Bereich
unabdingbar, allerdings wird
diese Professionalisierung –
und das ist auch der Wunsch
der Schiedsrichterinnen – nicht
so weit gehen wie bei den Män-
nern im Elite-Bereich. Es werden
in absehbarer Zeit Maßnahmen
getroffen werden, um die Wei-
chen für die Zukunft zu stellen,
in Stein gemeißelt ist hier aber
noch nichts.
Der Frauenfußball im Jahr 2015
ist nicht mehr mit der Zeit zu
vergleichen, als der DFB seiner
Nationalmannschaft zum Europa-
meistertitel ein Kaffeeservice
schenkte. Die Strukturen sind
professionalisiert, der Fußball
ist attraktiver geworden, und
auch das Schiedsrichter-Wesen
hat große Fortschritte gemacht.
Dass zur neuen Spielzeit zwei
neue Schiedsrichterinnen in
den Profi-Bereich der Männer
vorgestoßen sind, ist ein klares
Signal. Jung-Schiedsrichterinnen
werden heute früher gefördert,
die Aufstiegsmöglichkeiten sind
gut.
Ob Angelika Söder auch noch
den Sprung in die Männer-Ligen
des DFB schaffen wird, weiß sie
nicht. „Die Hoffnung ist natürlich
da, die 3. Liga wäre der nächste
konsequente Schritt. Aber wir
wissen alle, wie knapp es in der
absoluten Leistungsspitze
zugeht, deswegen freue ich
mich momentan erst einmal
sehr über meine Berufung auf
die FIFA-Liste.“
Genau wie im Männer-Bereich analysiert die Beobachterin
zusammen mit den Unparteiischen die vorangegangene Spiel-
leitung.