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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 6 / 2 0 1 5
Nach dem Abpfiff sinken die
geschlagenen Leverkusenerinnen
auf dem Rasen in sich zusammen.
Nur der Trainer stürmt auf den
Platz und auf Angelika zu; vor
dem entscheidenden Tor will er
ein Foul an seiner Abwehrspiele-
rin gesehen haben.
Angelika leitet das gesamte
Spiel großzügig und verzichtet
auch in der fraglichen Szene auf
den Pfiff. Für Simone Horn auf
der Tribüne völlig nachvollzieh-
bar: „Aus meiner Perspektive
war das eher ein Zusammenstoß
als ein Foulspiel, weiterlaufen zu
lassen, war hier die korrekte Ent-
scheidung.“
Noch mal ansehen wird sie sich
die Szene vor dem Coaching-
Gespräch aber nicht: „Momentan
ist es im Vergleich zur Männer-
Bundesliga noch so, dass nicht
alle Spiele in vergleichbarer Qua-
lität gefilmt werden; da wir aber
alle unsere Schiedsrichterinnen
gleich behandeln wollen, können
wir nicht manche Aufnahmen
berücksichtigen und andere
nicht.“
Nach dem Spiel folgt dann die
Analyse. Angelika Söder ist zufrie-
den mit der Spielleitung. „Die
Big-Point-Entscheidungen haben
gepasst, grundsätzlich war das
Spiel aber trotz des ungewöhn-
lichen Verlaufs nicht schwierig
zu leiten.“ Simone Horn kann
dem nur zustimmen. Das Coa-
ching verläuft dementsprechend
harmonisch, die Beobachterin
hat ein paar Nachfragen und ein
paar kleine Anmerkungen, ist mit
der Spielleitung aber zufrieden.
Ein faires Spiel, eine gute Spiel-
leitung, man ist sich einig.
Ob Frauen generell fairer spielen
als Männer, kann Angelika Söder
nicht klar beantworten. „Grund-
sätzlich vielleicht schon, aber
wir stellen in den letzten Jahren
fest, dass sich der Frauenfußball
dem Männerfußball immer mehr
annähert. Unsportlichkeiten wie
‚Schwalben‘ gab es früher bei
den Frauen so gut wie gar nicht,
inzwischen gehört das mit zum
Geschäft.“
Ihre Spiele bei den Männern der
Regionalliga Bayern findet sie
dementsprechend auch nicht
schwieriger zu leiten: „Anders,
das trifft es vielleicht eher, die
Herausforderungen sind andere,
weil Männer- und Frauenfußball
sich eben unterscheiden.“ Aus
diesem Grund stellt sie sich vor
Regionalliga-Spielen auch nicht
großartig um. „Stellungsspiel
und Laufwege muss man viel-
leicht ein bisschen anpassen,
da die Männer grundsätzlich
schneller unterwegs sind.
Ansonsten orientiere ich meine
Spielleitung aber am Spielver-
lauf und nicht am Geschlecht
der Spieler.“
Deutschlands Spitzen-Schiedsrichterinnen
Die bekannteste unter Deutsch-
lands Schiedsrichterinnen ist
Bibiana Steinhaus
(36). Von
Schiedsrichter-Chef Herbert
Fandel wurde sie einst als
„weltbeste Schiedsrichterin“
betitelt. Die Hannoveranerin lei-
tet bereits seit dem Jahr 2007
Spiele in der 2. Bundesliga der
Männer, inzwischen kommt sie
dort auf 66 Einsätze. Darüber
hinaus ist sie regelmäßig als
Vierte Offizielle in der Bundes-
liga unterwegs.
Im Frauen-Bereich hat Bibiana
Steinhaus in den vergangenen
Jahren den DFB bei allen gro-
ßen Turnieren international ver-
treten. So nahm sie mit ihrem
Team zum Beispiel an den Olym-
pischen Spielen 2012 in London,
den Europameisterschaften 2009
und 2013 sowie den Weltmeister-
schaften 2011 und 2015 teil. Bei
dem Turnier im eigenen Land vor
vier Jahren leitete sie unter ande-
rem auch das Finale zwischen
Japan und den USA.
Ein neues Gesicht im Profi-Bereich
ist seit dieser Saison
Katrin
Rafalski
(33). Sie ist im Sommer
als Schiedsrichter-Assistentin in
die 2. Bundesliga aufgestiegen
und gehört dort dem Team von
Schiedsrichter Patrick Alt an.
Seit neun Jahren ist Rafalski
bereits DFB-Schiedsrichterin. Zu
internationalen Ehren kam sie vor
allem an der Seite von Bibiana
Drei Frauen in der Elite
Die drei Frauen im Elite-
Bereich: Bibiana Steinhaus,...
…Zweitliga-Assistentin
Katrin Rafalski…
…sowie Drittliga-Schieds-
richterin Riem Hussein.
Steinhaus, die sie zu den großen
Turnieren begleitete. Auf DFB-
Ebene wurde Katrin Rafalski in
diesem Jahr als „Schiedsrichte-
rin des Jahres“ ausgezeichnet
(siehe Bericht ab Seite 13).
Ebenfalls neu dabei ist seit Som-
mer
Riem Hussein
(35) als
Schiedsrichterin in der 3. Liga.
Sie steht seit 2009 auf der FIFA-
Liste und kam bereits bei der
U 19-Europameisterschaft der
Frauen 2012 in der Türkei zum
Einsatz.
Auch Riem Hussein durfte sich
schon mal über den Titel „DFB-
Schiedsrichterin des Jahres“
freuen, nämlich nach der Saison
2012/2013.
Proteste oder zumindest Nachfragen zu Schiedsrichter-Ent-
scheidungen gehören auch im Frauenfußball zum Geschäft.