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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 6 / 2 0 1 5

den 1990er-Jahren als erste Frau

überhaupt in die Bastion „Männer-

fußball“.

In den nächsten Jahren folgten

ihr nur wenige nach, bis schließlich

Bibiana Steinhaus 2007 der Auf-

stieg in die 2. Bundesliga gelang.

Eine absolute Erfolgsgeschichte,

basierend auf harter Arbeit und

Talent, die Bibiana Steinhaus für

viele Jung-Schiedsrichterinnen

über Jahre hinweg zum Vorbild

gemacht hat. Inzwischen gehört

sie längst zu den erfahrensten

Spielleitern in der zweithöchsten

deutschen Spielklasse und pfeift in

ihrer neunten Zweitliga-Saison.

Zur neuen Spielzeit hat Bibiana

Steinhaus im Profifußball der

Männer Gesellschaft bekommen:

Riem Hussein leitet seit dem

Sommer Spiele der 3. Liga, Katrin

Rafalski ist in der 2. Bundesliga

als Assistentin im Einsatz.

Bei der Zweitligapartie des

SC Paderborn gegen RB Leipzig

standen Bibiana Steinhaus und

Katrin Rafalski kürzlich gemein-

sam auf dem Platz, die Hälfte

des Schiedsrichter-Teams bei

einer Partie im Männerfußball

war damit weiblich. Im Jahr 2015

ein Modell für die Zukunft?

Ist man nach all‘ den Fehlern,

die gemacht wurden, nach all‘

den Jahren des stiefmütterlichen

Umgangs mit dem Frauenfußball

und seinen Schiedsrichterinnen

nicht inzwischen bereit für mehr

Frauen im Profifußball der Män-

ner? Die Antwort darauf ist wohl

ein „Ja, aber“.

Zwar berauschen sich vor allem

die Boulevard-Medien gerne an

dem Klischee der Frau, „die den

(harten) Männern zeigt, wo's

lang geht“ und fordern immer

wieder mal vehement den Auf-

stieg von Bibiana Steinhaus in

die Bundesliga. Schiedsrichter-

Chef Herbert Fandel hat aber

mehrfach darauf hingewiesen,

dass es der Schiedsrichter-Kom-

mission Elite des DFB nur um die

Leistung ihrer Unparteiischen

gehe – ob Mann oder Frau spiele

dabei keine Rolle.

Das heißt: Wenn Bibiana Steinhaus,

Riem Hussein oder Katrin Rafalski

am Ende der Spielzeit im oberen

Tableau der Beobachtungsstände

liegen, steht weiteren Beförderun-

gen im Männerfußball nichts im

Weg.

***

Angelika Söder hat es bei den

Männern noch nicht in den Profi-

Bereich geschafft, aber sie ist auf

dem besten Weg dahin. Es ist ein

verregneter Sonntag im Früh-

herbst, und im Ulrich-Haberland-

Stadion in Leverkusen wird

Bundesliga gespielt. Bayer Lever-

kusen empfängt die SGS Essen.

An der einzigen kleinen Kaffee-

bude beschweren sich Essener

Gästefans noch über das Fehlen

der Currywurst im generell

überschaubaren kulinarischen

Gertrud Regus bei einem Ein-

satz am Millerntor in Ham-

burg im Jahr 1994.

Bevor es aber so viele Mädchen

und Frauen gab, die Lehrgänge

besuchten und nach erfolgreich

absolvierter Prüfung zur Pfeife

griffen, war es in den 1990er-Jah-

ren an der Tagesordnung, dass in

erster Linie männliche Schieds-

richter bei Spielen der höchsten

Frauen-Ligen pfiffen oder assis-

tierten.

Beliebt waren die Begegnungen

bei den männlichen Unpartei-

ischen meist nicht, sodass ge-

witzte Ansetzer oft ungewöhnliche

Strategien anwandten, um diese

Partien besetzen zu können. Sie

nannten dann beim Telefonanruf

nur die Namen der Vereine, um

dem Schiedsrichter, der sich

gedanklich schon auf ein Derby

oder Spitzenspiel freute, nach des-

sen Zusage beiläufig mitzuteilen,

dass es sich hierbei übrigens um

ein Frauenspiel handelte.

Auch das hat sich heute verän-

dert: Die Schiedsrichter-Teams

der 1. und 2. Frauen-Bundesliga

sind mittlerweile komplett weib-

lich besetzt. Immer mehr Frauen

schaffen zudem den Sprung in

die – alleine aufgrund des

Zuschauer-Aufkommens nach wie

vor als prestigeträchtiger angese-

henen – Profiligen der Männer.

Gertrud Regus aus Hallstadt war

dabei die Pionierin: Als Assistentin

der 2. Bundesliga schaffte sie es in

500

1000

1500

2000

2500

3000

1994

2000

2006

2012

01.07.15

Anzahl Schiedsrichterinnen

Positiver Trend: In den vergangenen 21 Jahren hat sich die

Zahl der Schiedsrichterinnen in Deutschland mehr als ver-

dreifacht: Gab es 1994 erst 829 von ihnen, so sind es aktuell

rund 2.600 Unparteiische. Deutlich erkennbar ist der Schub,

den der Zweitliga-Aufstieg 2007 von Bibiana Steinhaus dem

Frauen-Bereich gab. Mit 2.790 weiblichen Unparteiischen

wurde im Jahr 2011 – also in dem Jahr, in dem die Frauen-WM

in Deutschland stattfand – die Höchstzahl erreicht.

Angelika Söder aus Ingolstadt steht seit vergangenem Jahr

auf der FIFA-Liste.