Bereits im zweiten Gruppenspiel der EM konnte sich die deutsche Mannschaft vorzeitig für das Achtelfinale qualifizieren. Nach 90 Minuten gegen unangenehm zu bespielende Ungarn stand ein 2:0 als Endergebnis auf der Anzeigetafel im Stuttgarter Stadion. Anders als im Auftaktspiel lieferte die DFB-Elf zwar kein Feuerwerk ab, war aber stets dominant und fand laut Trainer Nagelsmann oft den guten Mittelweg aus Geduld und Risiko. Als Beleg dafür dient der spielentscheidende Treffer durch Kapitän İlkay Gündoğan.
Gegen das 5-2-3 der Ungarn agierte das DFB-Team wie schon gegen Schottland aus einer 4-2-3-1-Grundordnung, um im Ballbesitz phasenweise in ein 3-1-5-1 zu wechseln. Aufgrund der sehr defensiven Ausrichtung Ungarns mit tiefstehenden Stürmern und einem kompakten Zentrum, bestehend aus zwei Sechsern und drei Innenverteidigern, war die Red Zone zumeist schwer zu bespielen.
Infolgedessen überluden die deutschen Offensivspieler häufig die Flügel, um sich anschließend wieder in der Red Zone bzw. den Halbräumen zu positionieren. Dadurch mussten die Ungarn neben der kompakten Raumverteidigung im Zentrum immer wieder die eigenen Außenverteidiger Kerkez und Bolla durch rausschieben auf die Flügel unterstützen. Im gesamten Spielverlauf öffneten sich dadurch immer wieder die Halbräume.
Gegenpressing vorbereiten und im richtigen Moment zuschlagen
In der Szene vor dem 2:0 wurde genau dieses Problem von der deutschen Elf ausgenutzt. Musiala überlädt mit Mittelstädt den linken Flügel. In der Folge unterstützt Szoboszlai den Rechtsverteidiger Bolla. Gemeinsam verhindern sie zwar einen Durchbruch zur Grundlinie, können aber eine Flanke von Mittelstädt nicht unterbinden. Diese wird zwar geklärt, der zweite Ball landet dennoch beim hochstehenden Rüdiger, welcher diesen kontrolliert und einen Querpass auf Kroos spielt.
Durch das Vorschieben der Ungarn und den in der Szene zuvor auf den Flügel geschoben Szoboszlai, öffnet sich der linke Halbraum für Musiala, welchen Kroos erkennt und bedient. Da kein Mittelfeldspieler eingreifen kann und Gündoğan den Halbverteidiger bindet, schiebt der Rechtsverteidiger auf Musiala vor und öffnet so den Raum. Mit einem einfachen Steckpass setzt Musiala Mittelstädt ein, welcher nun bereits im Strafraum den Ball ohne großen Gegnerdruck in den Rücken der Abwehr zum einlaufenden Gündoğan spielt, der nur noch „einschieben“ muss.
Rüdiger spielt einen Querpass auf Kroos, welcher direkt in den Halbraum zu Musiala passt. Gündoğan bindet indes den Sechser Kleinheisler und Innenverteidiger Fiola.
Musiala dreht Richtung Tor auf, woraufhin Bolla vorschiebt. Dadurch öffnet sich der Raum auf der linken Seite, den Musiala mit einem Steilpass in den Strafraum zu Mittelstädt nutzt.
Während Mittelstädt den Ball erläuft, positioniert sich Gündoğan im Rücken der Abwehr auf Höhe des Elfmeterpunkts. Mittelstädt bringt eine flache Hereingabe zu Gündoğan, welcher direkt abschließt.
Umsetzung auf dem Platz
Das eine ist die Analyse des Profifußballs, das andere die Umsetzung im Amateurbereich. Daher zeigen wir in exemplarischen Trainingsformen, wie das Überladen des Flügels nach dem Vorbild der deutschen Nationalmannschaft trainiert werden kann.
Trainingsform
5 plus 2 gegen 5
Organisation
Ein 40 x 40 Meter großes Feld mit Mittellinie und zusätzlich 2 Flügelzonen (Breite: 5 Meter) gemäß Abbildung markieren.
2 Tore mit Torhütern auf die Grundlinien stellen.
2 Fünfer-Teams bilden und 2 Neutrale bestimmen.
Ablauf
5 plus 2 Neutrale gegen 5 im Feld mit Abseits.
Die Neutralen dürfen die Außenzonen nicht verlassen und agieren mit maximal 2 Kontakten.
Bei Seitenaus spielt ein Neutraler den Ball wieder ein.