Gegen einen tief stehenden Gegner gilt es, Ruhe zu bewahren und mit einem klaren Plan dennoch freie Räume zu finden.

Das Spiel gegen tief stehende Gegner

Das Spiel gegen tief stehende Gegner

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Für mich sind wenige Dinge im Fußball unangenehmer, als in Pokalspielen als Favorit gegen einen Gegner ran zu müssen, der fest entschlossen ist, dir den Tag zu verderben: Der Underdog geht hoch motiviert von der einmaligen Chance, die überlegene Mannschaft zu ärgern, in das Spiel und verfolgt in der Regel nur einen Plan: Die Null halten, den Gegner nervös machen und im richtigen Moment per Konter zuschlagen.

Die Ausgangslage

So geschehen in unserem Pokalspiel beim Bezirksligisten 1. FC Gievenbeck. Schon mit der Ausführung des Anstoßes war klar, wo dieses Spiel hinführen sollte: Die Erwartungshaltung der Zuschauer war aufgrund der zwei Klassen Unterschied hoch, doch die Gegnerinnen taten alles, um das erwartete Spektakel zu vermeiden. In einem 5-3-2 organisiert, lag der Fokus darauf, uns den Weg zum Tor so weit wie möglich zu machen und uns immer wieder zu zwingen, auf den Flügel auszuweichen. Kaum Tiefe wurde hinter der Kette, geschweige denn zwischen den Linien, angeboten. So war es kaum möglich, in den torgefährlichen Räumen aufzudrehen und zwingende Torchancen herauszuspielen.

Der Plan

Ein weiterer limitierender Faktor für unser Spiel war, dass die Gegnerinnen nicht auf unsere Läufe reagierten, sondern einzig und allein auf den Ball. So waren Auslöseaktionen wie Hinterlaufen oder Kreuzen nahezu wirkungslos. Der Plan war also, durch gezielte Lockbälle immer wieder möglichst viele Spielerinnen aus dem Defensivblock zu binden und im Anschluss schnell auf die ballferne Seite zu verlagern, um dort Überzahl herzustellen. Wichtig dafür ist die richtige Priorisierung der entsprechenden Pässe. Wenn der Ball zum Beispiel ganz außen am Flügel ist, gilt es, von dort schnellstmöglich auf die gegenüberliege Seite zu kommen und den Weg durch die Halbspur zu suchen. Geht der Lockball in den Halbraum, muss anschließend der schnellste Weg auf den Flügel gefunden werden: Bewegung – Gegenbewegung.

Das Problem

Wir konnten zwar immer wieder mit scharfen Bällen in die offensiven Halbräume bis zu drei Spielerinnen aus der Formation ziehen, schafften es aber selten, im Anschluss schnell genug aus der entstandenen Spielsituation Profit zu schlagen. Wenn der Raum- und Gegnerdruck so hoch ist, sind die ohnehin schwer zu verarbeitenden Vertikalbälle noch schwieriger zu kontrollieren. Auch die Durchbrüche am Flügel waren wenig erfolgreich, weil der Strafraum so überladen war, dass die Flanken ihr Ziel kaum finden konnten. Schlussendlich konnten wir mit einem Distanzschuss und einer direkt verwandelten Ecke das Spiel für uns entscheiden – doch was bleibt, ist die Frage nach Lösungen.

Weitere Lösungsansätze

Flaches Kombinationsspiel in die Spitze funktioniert meistens so lange, wie die Gegner mitspielen und dadurch bespielbare Räume hinter der Kette und zwischen den Linien offenbaren. Tiefstehende Gegner überladen diese Räume und erschweren dadurch das kontrollierte Spiel in die Spitze. Also gilt es die Räume zu nutzen, die vorhanden sind – und das sind meist die Außen vor der Kette, oder im Halbfeld.

Grundprinzipien beim Spiel gegen tief stehende Gegner

  1. Geduldig bleiben.
  2. Nicht das Ziel aus den Augen verlieren.
  3. Den Gegner zu Reaktionen zwingen und in Bewegung halten.
  4. Fouls ziehen und Standards provozieren.

Mit gezielten Bällen vor die Kette kann der Gegner zur Rückwärtsbewegung gezwungen werden. Bedient man dann die nachrückende Spielerin im Halbfeld, bewegt sich der gegnerische Abwehrblock wieder ein Stück nach vorne. In diesem Moment werden auf der ballfernen Seite Räume im Rücken der Gegner frei, die per Halbfeldflanke oder Chipball bespielt werden können. Mit hohen Bällen wird dann schnell ein großer Raumgewinn erzielt. Sie sind zwar tendeziell schwieriger zu verarbeiten als Flachpässe, doch das gilt ebenso für die Verteidiger. Daher sollte möglichst schon während der Ball in der Luft ist viel Druck auf die Gegenspieler im Zielraum des Passes ausgeübt werden, um die Verarbeitung zusätzlich zu erschweren und spätestens die Eroberung des zweiten Balles zu erzwingen.