Periodisierung im Fußball
Geschichtlicher Hintergrund
Wie wichtig die Regeneration für Sportler ist, zeigen aktuell die Europameisterschaften der Leichtathletik eindrucksvoll. Besonders die Athleten, die gleich in mehreren Disziplinen antreten, betonen in den Interviews immer wieder, dass sie aktuell unter besonderem Stress stehen und sich gar nicht so erholen könnten, wie es nötig wäre. Für sie sind die Prinzipien der Belastungssteuerung und Periodisierung nichts Neues. Seit den 1950er-Jahren existieren erste Forschungen auf diesem Gebiet. Anhand der Ergebnisse sollten die Trainingspläne der sowjetischen Athleten optimiert werden und bei den Olympischen Spielen 1960 prompt zum Erfolg führen.
Die Trainingswissenschaft forschte fortan auf dieser Basis in mehrere Richtungen weiter und entwickelte verschiedene Arten von Periodisierung und Trainingsmethoden, um die Athleten optimal auf einen Wettkampf vorzubereiten. Inzwischen lässt sich dieses Prinzip auf so ziemlich jede Sportart übertragen - auch auf den Fußball. Trainingszyklen spielen dabei eine große Rolle. Sie sollen gewährleisten, dass die Mannschaft über Teilziele Stück für Stück an das übergeordnete Ziel - nämlich die volle Wettkampffähigkeit - herankommt.
Trainingszyklen
Maßgeblich wird dabei zwischen drei Arten von Zyklen unterschieden, die schlussendlich jedoch aufeinander aufbauen:
- Mikrozyklus (1-3 Wochen)
- Mesozyklus (4-12 Wochen)
- Makrozyklus (3-12 Monate)
So kann eine Spielzeit im Fußball beispielsweise in zwei große Makrozyklen, nämlich die Vor- und Rückrunde, eingeteilt werden. Innerhalb dieser Makrozyklen finden sich dann drei Mesozyklen wieder, die schon etwas spezifischer auf die darin verpackten Trainingsinhalte hinweisen: Vorbereitungsphase (vor der Saison), Wettkampfphase (während der Saison) und Übergangsphase (zwischen Saison und nächster Vorbereitung). Diese Mesozyklen bestehen wiederum aus mehreren Mikrozyklen, die das Trainingsziel in der entsprechenden Phase genauer definieren. Ein Mikrozyklus umfasst demnach alle Trainingseinheiten, Spiele und Erholungstage, die zum Erreichen des Teilziels beitragen sollen.
„Spezifität" und „taktische Periodisierung"
Wer sich mit Fußballkondition beschäftigt, stößt früher oder später auf den Namen Raymond Verheijen. Der Niederländer ist zweifellos einer der bekanntesten Trainer im Bereich der Fußballkondition und Verfechter des Prinzips der Spezifität. Das bedeutet: Kondition im Fußball wird durch Fußball spielen erarbeitet, oder in seinen Worten: „Fußballkondition bekommt man durch Fußball spielen." Und auch wenn seine Trainingsmethoden und wie er sie verkauft stets Kontroversen auslösen, lohnt es sich zumindest einmal die prinzipielle Funktionsweise dieser zu verstehen und in die oben genannten Zyklen einfließen zu lassen. Schließlich erfüllt der ganzheitliche Ansatz nicht nur konditionelle, sondern auch technisch-taktische Zwecke.
Ein Hauptfaktor in Verheijens Trainingspraxis ist die Feldgröße und die daraus resultierende Spieleranzahl mit dem entsprechenden taktischen Hintergrund. Auf kleinen Feldern wird 1-gegen-1 bzw. 2-gegen-2 gespielt. Das bedeutet intensive, fußballspezifische Sprints mit vielen individual und ersten gruppentaktischen Elementen. In Kleinfeldspielen mit 3-gegen-3 oder 4-gegen-4, wird die Intervallbelastung extensiver und die gruppentaktischen Verhaltensweisen rücken weiter in den Fokus. Die Spielzeit pro Durchgang beträgt eine bis zwei Minuten, um die Belastung während des Spiels am Limit durchhalten zu können. Dafür können bis zu zehn Durchgänge gespielt werden.
Mit wachsender Feld- und Gruppengröße von 5-gegen-5 bis 7-gegen-7, werden intensive Ausdauerprozesse angesteuert. Die Spielzeit pro Durchgang beträgt nun drei bis vier Minuten bei entsprechend weniger Durchgängen (bis sechs). Mannschaftstaktische Inhalte werden auf großen Feldern und mit Mannschaftsstärken von 8-gegen-8 bis 11-gegen-11 trainiert. Die Ausdauerart ist in diesen Spielformen extensiv bei Durchgängen von acht bis zehn Minuten und bis zu vier Wiederholungen.
Ein begnadeter Pianist rennt nicht um sein Klavier herum oder macht Liegestütze mit seinen Fingern. Er spielt Klavier, sein ganzes Leben lang.
Belastungssteuerung
Die Belastungssteurung ist ein weiterer wichtiger Baustein im Konzept der Periodisierung und dient vor allem dazu, die eingangs erwähnten Erholungsphasen richtig zu timen. Denn Übertraining ist auf dem Weg zur maximalen Leistungsfähigkeit nicht nur kontraproduktiv, sondern vielmehr ein Gefahrenherd für Verletzungen und Rückschritt. Der Körper braucht Zeit, um die gesetzten Trainingsreize verarbeiten zu können und Anpassungsprozesse durchzuführen, die letztendlich dafür sorgen, dass eine neue „Belastungsgrenze" entsteht.
Daher werden die Trainingseinheiten innerhalb eines Zyklus so angesetzt, dass die Spieler nach Möglichkeit keine zwei Einheiten in Folge auf höchster Belastungsstufe haben. Ein Spiel zählt grundsätzlich zur intensivsten Kategorie, weshalb das Training nach dem Spiel von geringerer Intensität sein sollte. Die darauf folgende Einheit kann wiederum unter höherer Belastung abgehalten werden, während sie im Training vor dem nächsten Spiel wieder etwas heruntergefahren wird. In Kombination mit den Ruhetagen soll eine solche Steuerung dazu führen, dass die Spieler pünktlich zum Wettspiel voll leistungsfähig sind und in der Woche trotzdem Reize setzen können, um sich auch während der Wettkampfphase kontinuierlich zu steigern.