Vor allem im Amateurbereich wird der Aufwärmteil einer Übungseinheit teilweise stiefmütterlich behandelt. Schließlich raubt er Zeit für wichtigere, fußballspezifischere Inhalte und letztendlich weiß ja jeder Spieler selbst am besten, was er für ein gutes Warm-Up braucht, oder?
Das Aufwärmen dient vor allem der Verletzungsprophylaxe. Häufig wird dabei noch zwischen „allgemeinem“ und „spezifischem“ Aufwärmen unterschieden. Beim allgemeinen Aufwärmen soll der Körper auf Betriebstemperatur kommen und der Bewegungsapparat auf die anstehende Belastung vorbereitet werden. Anschließend wird beim spezifischen Aufwärmen der Fokus auf die Umsetzung erster vorbereitender Techniken und Bewegungen der Zielsportart und des Themas der Übungseinheit gelegt.
Für Trainer bietet dieser Teil der Übungseinheit die Chance, athletische Komponenten regelmäßig in den Trainingsalltag einzubinden und die Spieler, losgelöst vom typischen „Kondition-bolzen“, ganzheitlich konditionell und koordinativ zu fördern. Dabei stehen fußballspezifische Inhalte der konditionellen und koordinativen Fähigkeiten im Mittelpunkt: Sprünge über Hürden dienen beispielsweise nicht nur der reinen Sprungkraft, sondern begünstigen auch schnellkräftige Vorgänge im Bewegungsapparat und sorgen so langfristig für eine bessere Antrittsgeschwindigkeit. Die Arbeit mit der Koordinationsleiter erhöht wiederum die Schrittfrequenz der Spieler und trägt somit ebenfalls zu besserer Antritts- und Endgeschwindigkeit sowie schnelleren Richtungswechseln bei.
Dehnen, Mobilisieren, Kräftigen
Kaum ein Thema wird so strittig diskutiert, wie das „Dehnen“. Dehnen vor oder nach dem Training? Macht das Dehnen die Spieler signifikant langsamer? Ist statisches oder dynamisches Dehnen besser? Tausende Fragen und Mythen ranken sich um das Thema Dehnen und jeder macht es anders. Hier ist also Kompromissbereitschaft gefragt. Allerdings sollte eine klare Marschroute vorgegeben werden, welche die Spieler um ihre eigenen „Rituale“ erweitern dürfen – schließlich kennen diese ihren Körper wirklich am besten, haben gegebenenfalls schwerwiegende Verletzungen hinter sich, oder wollen aufgrund anderer Bedenken ihre Aufwärmroutine teilweise selbst gestalten.
Für Fußballer gilt: Vor dem Training oder Spiel geht Mobilisation vor „Dehnen“. Bei der Mobilisation geht es zunächst um dynamische Beweglichkeitsübungen mit kurzen Haltezeiten, die den Bewegungsapparat auf die kommende Belastung vorbereiten. Empfehlenswert sind verschiedene Ausfallschritt-Variationen mit Rotationsbewegungen des Oberkörpers, Rotationsbewegungen von Fuß- Knie- und Hüftgelenk, so wie kurze Stabilisationsvorgänge durch Sprünge vom einen Bein auf das andere. Diese Bewegungen beanspruchen den Bewegungsapparat deutlich sportartspezifischer als reine Dehnübungen und sorgen für eine gewisse Vorspannung der Muskulatur, die später im Wettspiel bedeutsam wird.
Für viele Mannschaften ist das Warm-Up längst zu einer Art Ritual geworden: Rondo, Lauf-ABC, Sprints, dann Dehnen und fertig. Rituale sind eine wichtige Freiheit, die man den Akteuren bei der Gestaltung ihres Fußballalltags auch einräumen sollte. Nichtsdestotrotz gilt es, immer wieder neue Trainingsreize zu setzen, um die Mannschaft ganzheitlich fordern und fördern zu können. Daher bietet es sich an, gemeinsam mit der Mannschaft eine Warm-Up-Routine zu entwickeln, welche die Bedürfnisse der Spieler und die Ansprüche und Ideen des Trainerteams gleichermaßen erfüllt.
Einseitiges versus abwechslungsreiches Aufwärmen
Unkontrolliertes auf und ab laufen über die komplette Spielfeldbreite
Standardmäßige, immer gleiche Bewegungsaufgaben aus dem Lauf-ABC
Steigerungsläufe mit der ganzen Gruppe
Statisches Dehnen, gerne auch am Stankett
Einseitige konditionelle und koordinative Ansprüche
Kürzere Strecken für eine konzentriertere Ausführung der Übung
Abwechslungsreiche Bewegungsaufgaben
Förderung von Antritt- und Sprintgeschwindigkeit mit Hilfe koordinativer Aufgaben
Sportartspezifische Mobilisation des Bewegungsapparats
Verbundübungen mit Ballaktionen und Bewegungsaufgaben
Und wann kommt der Ball dazu?
Grundsätzlich kann der Ball zu jedem Zeitpunkt der Aufwärmphase eingebaut werden. Je nach Thema der Übungseinheit bietet es sich an, der „athletischen“ Bewegungsaufgabe etwa einen Zielpass oder ein Slalomdribbling vorangehen zu lassen und diesen technischen Schwerpunkt in den Gesamtablauf der Übung zu integrieren. So werden die Spieler gleichermaßen technisch und physisch auf die anstehende Übungseinheit vorbereitet und können bestenfalls in den ersten Übungen des Hauptteils schon qualitativ hochwertigere Ballaktionen zeigen.
Übungen für ein abwechslungsreiches Aufwärmen
Trainingsform
Warm-Up Staffel mit Fintenwechsel
Organisation
2 Dribbellinien von 20m Länge parallel zueinander errichten.
In der Mitte der Dribbellinien je 1 Stange aufstellen.
Die Spieler gleichmäßig auf die Enden der Dribbellinien verteilen.
Die jeweils ersten Spieler haben 1 Ball.
Ablauf
Die jeweils ersten Spieler dribbeln auf die Stange zu, fintieren diese und passen zum nächsten Spieler auf der gegenüberliegenden Seite.
Nach dem Abspiel führen die Spieler eine Aufgabe aus dem Lauf-ABC durch, ehe sie sich hinten wieder anstellen.
Die Passempfänger nehmen das Zuspiel im „ballnahen" Hütchentor an und durch das „ballferne" Hütchentor mit.
Nach max. 3 Minuten wird die Richtung gewechselt.
Coachingpunkte
abwechslungsreiche Finten
deutliche Richtungswechsel
punktgenaues Passspiel
flüssige Ballan und -mitnahme
Variationen
Mit dem nächsten Spieler auf der gegenüberliegenden Seite einen „doppelten Doppelpass" spielen.
Einen Wettbewerb durchführen: Welche Gruppe kommt schneller wieder in die Ausgangsposition?
Hinweis
Anstatt Übungen aus dem Lauf-ABC zu machen, können die Spieler nach dem Abspiel auch durch eine Koordinationsleiter, über Hürden, durch Slalomstangen etc. geschickt werden.
Trainingsform
Warm-Up Staffel mit koordinativen und technischen Schwerpunkten
Organisation
Mit je 3 Hütchen 2 20m lange Linien markieren.
Neben den Starthütchen jeweils 3 Hürden aufstellen.
Auf Höhe der letzten Hürde mit 5m Abstand zum mittleren Hütchen je ein Stangentor markieren.
Die Spieler an den mittleren Hütchen haben Bälle.
Ablauf
Die Spieler an den Starthütchen starten gleichzeitig über die Hürden.
Nach dem Hürdenlauf erhalten sie einen Pass vom Spieler am mittleren Hütchen.
Nach der Ballan und -mitnahme durch das Stangentor stellen sie sich nun selbst am mittleren Hütchen an.
Die Passgeber starten zum letzen Hütchen in der Reihe und führen auf dem Rückweg kreuzend eine Bewegungsaufgabe durch.
Coachingpunkte
saubere Pässe für einen flüssigen Ablauf
Achtsamkeit beim Start des Hürdenlaufes
gewissenhafte Ausführung der koordinativen Aufgaben
Variation
Das Tempo erhöhen: Durch das Hütchentor erfolgt zunächst ein Doppelpass, das nächste Zuspiel vom Spieler am mittleren Hütchen erreicht dann den jeweils nächsten Spieler, der über die Hürden gelaufen ist.
Hinweise
Auch die koordinative Aufgabe an den Hürden sollte im Verlauf der Übung variiert werden: Kniehebelauf seitlich, Hocksprünge, Shuffle-Step im Slalom um die Hürden herum usw.
An Stelle der Hürden können auch Koordinationsleitern, Ringe oder ähnliche Hindernisse ausgelegt werden.
Bei zu großen Gruppen die Übung doppelt aufbauen, um einen flüssigen Ablauf zu gewährleisten.
Trainingsform
Warm-Up Wettlauf mit Hürden und Steilpass
Organisation
Je nach Gruppengröße mehrere identische Stationen errichten.
Je Station 3 Hürden (siehe Abbildung) als Startpunkt aufstellen und den Endpunkt in 15m Entfernung mit einer Stange markieren.
Die Spieler in Dreiergruppen auf die Stationen verteilen.
Die jeweils zweiten Spieler in jeder Gruppe haben einen Ball.
Ablauf
A startet mit einem Hocksprung über die erste Hürde.
Ist die angesagte Richtung links, so landen die Spieler auf dem rechten Bein, wechseln auf das Linke und machen dann einen Einbein-Sprung über die linke Hürde.
Nun erfolgt die Landung mit beiden Beinen und die Spieler starten ihren Sprint um die Stange.
Auf Höhe der Stange erhält A einen Pass von B.
Nun startet B über die Hürden.
A spielt einen Direktpass zu C.
Die Gruppe, die als erstes wieder in Ausgangsposition ist gewinnt.
Coachingpunkte
Bei Hocksprüngen gilt: Knie zur Brust, nicht Fersen zum Po
Armeinsatz erleichtert einen flüssigen Bewegungsablauf
Variation
A erhält auf dem Weg zur Stange einen Pass in den Lauf und umdribbelt vor dem Pass auf C die Stange.
Mit 5 Hütchen zwei 10m lange Slalomlinien errichten (siehe Abbildung).
Mit 3 Stangen zwei weitere Slalomlinien errichten (siehe Abbildung).
Der jeweils erste Spieler an den Starthütchen hat einen Ball.
Die restlichen Spieler gleichmäßig auf die weiteren Hütchen verteilen.
Ablauf
Die Ballbesitzer dribbeln durch die erste Slalomlinie und passen zum Spieler am mittleren Hütchen.
Die Passempfänger lassen kurz prallen und erhalten dann einen Pass in den Lauf.
Diesen Pass leiten sie direkt diagonal weiter zum jeweils nächsten Spieler am Starthütchen, ehe sie ihren Slalomlauf ohne Ball durch die Stangen starten.
Variationen
Bewegungsaufgaben durch die Slalomstangen variieren: Shuffle-Step, seitwärts vor und zurück, rückwärts etc.
Dribbeltechnik durch die Slalomhütchen variieren: beidfüßig Innenseite rein - Außenseite raus, Ballrolle, beidfüßig nur Außenseite etc.
Richtungswechsel: Starthütchen sind nun die mittleren Hütchen
Wettkampf gegen die Uhr: Wie viele Runden schaffen die Spieler innerhalb der vorgegebenen Zeit?