Mal wieder "Rondo“ tanzen!
Warum heißt meine „Ecke" neuerdings eigentlich „Rondo"?
Nein, das mittelalterliche Tanzlied ist nicht gemeint, wenn die Spieler vor dem Training mal wieder ein „Rondo" spielen wollen. Auch nicht die Kompositionsform mit wiederkehrenden Abschnitten – höchstens, dass der ein oder andere Spieler, der einen Ballverlust verursacht, wiederkehrend in die Mitte muss. Der Begriff „Rondo" kommt aus dem Italienischen und benennt die Form des Feldes. Denn dieses ist rund!
Das Kernspiel, aus dem sich das Rondo entwickelt hat, ist das klassische 4-gegen-2-Eckespiel mit zwei Verteidigern im Zentrum sowie vier Spielern auf den Linien. Und dieses wiederum ist die konsequente fußballspezifische Weiterentwicklung des Kinderspiels „Schweinchen in der Mitte".
Mit sechs Spielern lässt sich locker starten. Kommen dann nach und nach aus der Kabine weitere Akteure auf den Platz, wird das Feld stetig erweitert. Je mehr Außenspieler beteiligt sind, desto runder wird es also. Das Rondo ist geboren. Egal ob Kreis- oder Weltklasse, Rondo ist Fußballern aller Leistungsklassen ein Begriff, und alle können sich an ihm begeistern. Schon 2012 demonstrierten dies die Spieler des FC Barcelona und adelten die kleine Spielform in der Folge als Grundlage ihrer „Tiki-Taka-Philosophie":
Wenn alle mitmachen, macht es Spaß – wenn nicht, ...
Ach ja: Die Motivation spielt eine sehr große Rolle! Aus diesem Grund haben einige Teams echte Regelwerke verfasst. In vielen Spielklassen gibt es dabei einen angenehmen Nebeneffekt: Mit den „Strafen" aus dem Rondo finanziert sich die Abschlussfahrt. Stimmt der Anreiz nicht, muss der Trainer oft genug feststellen, dass das Spiel nach einigen Minuten einschläft: Haben sich die Jungs anfangs, als sich die vier Außenspieler „draußen" noch bewegen mussten, um den Ball im Spiel zu halten, noch angeboten und freigelaufen, werden sie mit dem fünften und sechsten Außenspieler zunehmend fauler und verharren spätestens beim siebten nur noch auf jeweils etwa zwei Quadratmetern. Und das ist kein Phänomen der unteren Leistungsklassen – auch beim FC Barcelona stehen viele Spieler auf einem Platz.
Damit ist auch der Irrglaube widerlegt, dass sich das Rondo hervorragend zum Aufwärmen eignet. Oft haben die Spieler selbst nach 30 Minuten weder Kreislauf noch Muskulatur noch Psyche auch nur annähernd auf Betriebstemperatur gebracht. Zumindest Letzteres lässt sich mit gezielten Vorgaben vermeiden. Schließlich müssen die Spieler, obwohl sie viel stehen, hellwach sein: Schnelle Tempowechsel sind ein wichtiges Kernelement im Rondo. Mit scheinbar lockeren Pässen lassen sich die Innenspieler zunächst gezielt auf eine Seite locken. Mit einem blitzschnellen Seitenwechsel haben sie dann meist wieder für die nächsten Pässe das Nachsehen.
Kleine Änderungen – große Wirkung!
Doch dabei muss dem Trainer stets bewusst sein: Bereits kleine Änderungen der Spielregeln können eine völlig veränderte Akzentuierung von Inhalten nach sich ziehen. Und auch die Anforderungen an die Spieler verändern sich.
Mögliche Änderungen beinhalten technisch-taktische Schwerpunkte für Abwehr und/oder Angriff, die die Aufmerksamkeit und die Leistungsbereitschaft der Spieler fordern und fördern. Am einfachsten ist die Variation der Bedingungen des Kernspiels:
Variation von ...
- ... der Form und Größe des Feldes
- ... der Anzahl der Felder
- ... der erlaubten Kontakte bzw. der Pflichtkontakte der Außenspieler
- ... der zur Balleroberung notwendigen Kontakte der Innenspieler
- ... der Positionen bzw. Laufwege der Außenspieler
- ... der Vorgaben für die Spielrichtung
Und auch mit wenigen Spielern lassen sich bereits vielfältige Variationen des Spiels finden, die zahlreiche verschiedene Aspekte des Fußballs akzentuieren. Einen kognitiven Schwerpunkt setzt zum Beispiel das Deutsche Fußball-Internat in Bad Aibling mit einer Rondo-Variation mit nur fünf Spielern:
Ausgehend vom Kernspiel und den Basis-Spielregeln des Rondos lassen sich zudem auch komplexe taktische Aufgabenstellungen realisieren. Zwei Beispiele hierfür haben wir der Fußballtraining Kartothek „Komplextraining" entnommen, viele weitere stehen in der Kartothek zur Verfügung.
Vom Rondo ins große Spiel
Wie die beiden vorgestellten Spielformen aus der Rondo-Reihe zeigen, lassen sich die im Rondo akzentuierten Inhalte auch in Bezug auf die Gruppen- und Mannschaftstaktik ins große Spiel überführen. Somit bildet das Rondo die Basis für vielfältige Positionsspiele – vor allen Dingen jene in Über- bzw. Unterzahl.
Schon mit dem einfachen Rondo werden so Abläufe geschult, die auch im großen Spiel in nahezu allen Situationen vorkommen. Der Wiedererkennungseffekt ist dabei durchaus gegeben: Ob Doppelpässe, Dreiecksspiel oder das ständige Anbieten und Freilaufen – das Rondo schult alle diese Abläufe. Außerdem sind die Inhalte des Rondos auch nicht auf ein bestimmtes Spielsystem oder eine bestimmte Spielphilosophie festgelegt. Sie gelangen im 11 gegen 11 universell zur Anwendung.
Entsprechend gilt es für Trainer, sich im Training wieder häufiger auf die Grundlagen zu besinnen: Lass doch auch du in deinem Team demnächst mal wieder „Rondo" tanzen!