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S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 6 / 2 0 1 6

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zudem häufig sehr klar, weil die

Mannschaften mit anderen Syste-

men gespielt haben – teilweise mit

Libero hinter der Abwehr! Hinzu

kam, dass auch der technische

Aufwand bei der Übertragung ein

anderer war. In der neuen Saison

sind bei einem Spiel teilweise bis

zu 20 Kameras im Einsatz, bei uns

waren das am Anfang vielleicht

drei oder vier. So kam es natürlich

auch seltener vor, dass uns ein

Fehler nachgewiesen wurde (lacht).

Da hatten wir es insgesamt schon

deutlich einfacher.

dass das für die Kommission in ab-

sehbarer Zeit kein Thema sein wird.

Sie waren selbst langjähriger Assis-

tent in der Bundesliga, sind 2006

ausgeschieden: Was hat sich seither

verändert?

Werthmann

: Als ich in den

80er-Jahren in dem Bereich ange-

fangen habe, hießen die Assistenten

noch „Linienrichter“ und waren

es im Prinzip auch. Ich habe die

Linien überwacht. Die Abseits-Ent-

scheidungen, die wir hatten, waren

Fragen der Regel-Auslegung der

UEFA anzunähern. Das ist aus mei-

ner Sicht auch gut gelungen. Wir

haben in der vergangenen Saison

das eine oder andere Mal nach der

Meinung der UEFA zu einer Szene

gefragt. Die Antwort war dann ei-

gentlich auch immer so, wie wir das

erwartet hatten. Die Diskrepanzen,

die es zum Beispiel beim Abseits

vor einiger Zeit gab, sind heute

eigentlich nur noch minimal. Hier

hat sich unter dem Strich sogar

eher die UEFA unserer Auslegung

angenähert, als dass es umgekehrt

gewesen wäre.

Ein weiterer Unterschied zwischen

DFB und internationalen Spielen ist

das Vorhandensein der „additional

assistant referees“, beziehungsweise

der „Torrichter“. Wie ist hierzu die

Meinung in der Elite-Kommission,

wird es die Torrichter beizeiten auch

in der Bundesliga geben?

Werthmann

: Da sind wir wirklich

mal gänzlich anderer Meinung als

die UEFA. Wir finden nach wie vor,

dass die Torrichter insgesamt sehr

wenig Ertrag gebracht haben. Zwar

hat es auch bei der EURO Situatio-

nen gegeben, in denen die Torrich-

ter geholfen haben – übrigens auch

im Spiel England gegen Wales im

Team von Felix Brych. Es gibt aber

auch sehr viele negative Beispiele,

bei denen vom Torrichter, obwohl

er gut platziert war, entweder kein

oder der falsche Hinweis kam.

Aufwand und Ertrag stehen hier aus

meiner Sicht insgesamt in keinem

Verhältnis. Deswegen glaube ich,

eigentlich alle stimmten. Unter

diesen Szenen waren leider auch

einige klare Fehler.

Ab wann spricht die Kommission von

einem klaren Fehler?

Werthmann

: Das ist nicht grund-

sätzlich an Zentimetern festzu-

machen. Trotzdem hatten wir zum

Beispiel eine Szene dabei, bei der

der Spieler mehr als vier Meter im

Abseits stand. Das ist dann schon

ein außergewöhnlicher Fehler.

Grundsätzlich kann man vielleicht

sagen: Wenn die Abseitsposition

im bloßen Ablauf zu erkennen ist,

wenn sie im Bereich eines Meters

liegt, dann sprechen wir von einem

klaren Fehler. Aber zum Glück kam

das in der vergangenen Saison nur

ganz selten vor.

Was war gut in der vergangenen

Spielzeit?

Werthmann

: Was zum Beispiel

richtig gut funktioniert hat, war die

Regelauslegung, also Fragen wie:

Wann greift ein Spieler ins Spiel ein?

Wann beeinflusst er einen Gegner?

Wann zieht er aus seiner Abseitspo-

sition einen Vorteil? Da haben wir

wirklich kaum Probleme gehabt, da

waren wir hochzufrieden.

Trotzdem hat es gerade in puncto

Abseits-Auslegung immer wieder

Diskrepanzen zwischen DFB, UEFA

und FIFA gegeben. Wie ist da aktuell

der Stand der Dinge?

Werthmann

: Wir haben grundsätz-

lich immer versucht, uns in allen

Umfrage

Wichtige Qualitäten

Ein guter Assistent ist für mich jemand,…

Was zeichnet eigentlich einen guten Assistenten aus? Was ist aus

Sicht des Schiedsrichters wichtig? Welche Qualitäten müssen seine

Team-Mitglieder an den Seitenlinien mitbringen? Wir haben fünf

Bundesliga-Schiedsrichter darum gebeten, den folgenden Satz zu

vervollständigen:

„…der die Momente erkennt, in denen er

eingreifen muss und die, in denen er sich

im Hintergrund hält. Ein treuer und loyaler

Begleiter, der sich auch mal unterzuordnen

weiß, dabei aber immer auf Augenhöhe ist.“

(Felix Zwayer)

„...der als Teamplayer agiert, den Schieds-

richter bei Vergehen auf dem Feld unter-

stützt, und dem ich zu 100 Prozent in seinen

Entscheidungen Vertrauen schenken kann.“

(Bastian Dankert)

„…der mich weit über Abseits-Entschei-

dungen hinaus bei meiner Spielleitung

unterstützt.“

(Marco Fritz)

„…im Spiel erkennt, wann der Schiedsrich-

ter eine Hilfe beziehungsweise Unter-

stützung braucht, der diese dann auch

richtigerweise kommuniziert oder anzeigt

und damit Verantwortung übernimmt.“

(Wolfgang Stark)

„…der verlässlich und jederzeit mit hoher

Motivation und Engagement seine Aufgaben

angeht und dem Erfolg des Teams seine

persönlichen Interessen unterordnet.“

(Tobias Stieler)

Bei den Lehrgängen von Schiedsrichtern und Assistenten

werde viel über die Arbeit im Team gesprochen, sagt Rainer

Werthmann (rechts).