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Interview
„Offen sein für neue Impulse“
Im SRZ-Interview spricht Lutz Michael Fröhlich
über seine neue Aufgabe als Sportlicher Leiter
im Elite-Bereich.
Herr Fröhlich, seit Jahren begleiten
Sie die Lehrgänge der deutschen
Spitzen-Schiedsrichter, beim dies-
jährigen Sommer-Trainingslager
nun erstmals als Hauptverantwort-
licher. Wie haben Sie die Tage in
Grassau erlebt?
Lutz Michael Fröhlich
: Sehr
positiv. Die Atmosphäre war
unverkrampft, in den einzelnen
Lehrgangseinheiten offen und
konzentriert. Der Kontakt zu
den Schiedsrichtern war noch
intensiver als in den Jahren
zuvor, was sich aber auch aus
der neuen Funktion als Sport-
licher Leiter ergibt. Die Arbeits-
belastung in der Planung des
Trainingslagers war groß, weil
wir parallel noch einige andere
interessante und wichtige Pro-
jekte auf der Agenda hatten,
wie zum Beispiel „Der neue DFB
und seine Akademie“ oder die
Testphase für den „Video Assis-
tent Referee“.
Wie schnell war nach dem Rück-
tritt von Herbert Fandel klar, dass
Sie dessen Posten übernehmen
würden?
Fröhlich: Ich wurde zumindest
sehr schnell mit dieser Idee
konfrontiert, eigentlich fast
schon im Sinne einer Erwartungs-
haltung. Ich musste mich aber
erst einmal an die Situation
gewöhnen und mir die Sache
einige Zeit durch den Kopf gehen
lassen. Während wir parallel
an den Konzepten für die DFB-
Akademie gearbeitet haben,
sind dabei gleichzeitig gute
Ideen auch für die Weiterentwick-
lung im Schiedsrichter-Bereich
entstanden. Diese und die vielen
guten Gespräche mit Schiedsrich-
tern, Freunden und Kollegen in
der Schiedsrichter-Kommission
haben mich motiviert, diese
Aufgabe nun anzugehen.
Was erwartet die Spitzen-Schieds-
richter mit Ihnen als Chef?
Fröhlich
: Als Sportlicher Leiter
stehen für mich die Weiterent-
wicklung der Unparteiischen und
des Schiedsrichter-Systems im
Vordergrund. Einerseits also eine
bedarfsbezogene individuelle
Ausrichtung, andererseits aber
auch eine systemische Ausrich-
tung. Kommunikation und Dialog
spielen da eine große Rolle.
Ebenso mehr Offenheit in der
Fußballgemeinschaft, ohne dabei
das klare Profil im Sinn eines
unparteiischen Entscheiders zu
verlieren.
Herbert Fandel hat neulich gesagt,
dass der Vorsitz der Elite-Kommis-
sion die schwierigste Tätigkeit war,
die er jemals ausgeübt hat. Was
erwarten Sie von diesem Amt?
Fröhlich
: Es waren Jahre, in
denen wir viel verändert haben,
vielleicht manchmal sogar in
einem etwas zu hohen Tempo,
ohne die limitierten Ressourcen
zu berücksichtigen. Das zehrte
an allen Mitgliedern der Schieds-
richter-Führung. Dazu kam noch,
dass die vergangene Saison aus
Schiedsrichter-Sicht wahrlich
nicht erfolgreich war, sowohl
intern atmosphärisch als auch
extern medial. Wir müssen
schauen, dass wir uns in der
neuen Saison wieder etwas aus
der Schusslinie bewegen.
Das geht am besten mit überzeu-
genden Schiedsrichter-Leistungen
in der Bundesliga...
Fröhlich
: Eine spielentscheidende
Fehlentscheidung stellt eine
ansonsten sehr gute Spielleitung
völlig in den Schatten. Deshalb
müssen wir uns stärker dem
Thema Entscheidungs-Qualität
widmen. Dabei spielen die Wahr-
nehmung und die Auslegung eine
zentrale Rolle. Bei der Auslegung
von Spielsituationen war die
Fehlerquote im vergangenen
Spieljahr sogar rückläufig – das
ist positiv. Aber wir hatten einige
Spielvorgänge, die gar nicht oder
nicht richtig wahrgenommen
wurden und leider den Spielver-
lauf beeinflussten. Da müssen
wir Lösungen finden, bei den
Schiedsrichtern selbst, aber auch
im Bereich technischer Hilfsmit-
tel. Daher ist es sinnvoll, sich jetzt
mit dem Thema „Video Assistent
Referee“ zu beschäftigen und die
Testphase zu beginnen.
Was ist Ihr langfristiges Ziel als
Sportlicher Leiter?
Fröhlich
: Bezogen auf den Elite-
Bereich ist es ein Ziel, die Arbeit
mit den Schiedsrichtern und
Assistenten am individuellen
Bedarf orientiert und in guter
Atmosphäre zu gestalten, ihnen
die Sicherheit zu einem klaren
und konsequenten Konzept für
die Spielleitung zu geben. Das ist
eine Grundlage der Fehlermini-
mierung und somit der Verbesse-
rung der Entscheidungs-Qualität.
Hierzu haben wir ein Konzept
mit zehn Handlungs-Optionen
entwickelt. Diese beinhalten auch
eine Erweiterung der personellen
Ressourcen in diesem Bereich,
wozu das DFB-Präsidium grünes
Licht gegeben hat.
Bezogen auf das gesamte
Schiedsrichter-Wesen sollen aus
der Arbeit im Elite-Bereich posi-
tive Impulse für die Arbeit in den
Verbänden entstehen.
Nach seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter hat Lutz Michael
Fröhlich die sportliche Leitung im Elite-Bereich übernommen.