S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 4 / 2 0 1 6
6
Titelthema
So könnte man die Fitness-Ein-
heiten durch den Einsatz eines
zusätzlichen Trainers künftig
noch differenzierter gestalten.
Hilfe für eine individuelle
Trainingsgestaltung ist auch die
Polar-Uhr, mit der inzwischen alle
Bundesliga-Schiedsrichter ausge-
rüstet sind. Diese übermittelt die
Trainingsdaten tagesaktuell und
automatisch an Fitness-Coach
Antretter, der daraufhin den
Trainingsplan für jeden einzelnen
Unparteiischen anpassen kann.
Weiteres Entwicklungs-Potenzial
sieht Antretter vor allem im
Bereich der maximalen Schnel-
ligkeit sowie in der Schnellig-
keits-Ausdauer. „Selbst wenn der
Schiedsrichter im Laufe eines
Spiels schon eine große Strecke
zurückgelegt hat, muss er auch
in der 90. Minute noch in der
Lage sein, im maximalen Tempo
über das Feld zu sprinten“, sagt
Antretter.
Belastungs-Profile
Die Gesamtbelastung eines
Schiedsrichters soll erfasst und
regelmäßig überprüft werden. Sie
ergibt sich aus der Anzahl und
der Schwere der Begegnungen,
den mit den Spielen verbundenen
Reisen (vor allem bei internatio-
nalen Begegnungen) sowie der
beruflichen Einbindung außerhalb
der Schiedsrichter-Tätigkeit.
Ziel dazu ist eine Datenbank, wie
sie zum Beispiel auch für Spieler
existiert.
Eine vergleichbare Datenbank
der Elite-Schiedsrichter wird
Lutz Michael Fröhlich die Arbeit
erleichtern, wenn er „für jedes
Spiel die jeweils beste Ansetzung
platzieren möchte“. Zudem kön-
nen dadurch frühzeitig Erkennt-
nisse gewonnen werden, wann
ein Schiedsrichter einmal eine
Pause benötigt.
Ausweitung der
Kommunikation
Zweimal statt wie bisher einmal
pro Saison möchten die Schieds-
richter die Medienvertreter zur
Pressekonferenz einladen.
Noch öfter soll der Dialog mit
Managern, Trainern und Spielern
stattfinden. „Bei solchen Treffen
kann man entspannt miteinander
sprechen, weil keiner der Betei-
ligten unter irgendeinem Druck
steht“, erklärt Fröhlich einen
wichtigen Aspekt eines solchen
„Runden Tisches“.
Einen ersten Gedankenaustausch
hat es bereits in der zurück-
liegenden Sommerpause gege-
ben. Als Ergebnis dessen werden
die Schiedsrichter in Grassau
sensibilisiert, zur neuen Saison
die Nachspielzeit auch nachträg-
lich zu verlängern, wenn es zu
weiteren Spielverzögerungen
kommt – diese sind vor allem den
Trainern ein Dorn im Auge.
Die Mannschaften wurden hin-
gegen angewiesen, dass keine
Verpflichtung besteht, den Ball
ins Aus zu spielen, wenn ein
Gegenspieler am Boden liegt.
Ausschließlich bei schweren Ver-
letzungen – zum Beispiel am Kopf –
sei der Schiedsrichter angewie-
sen, das Spiel zu unterbrechen.
Erweiterung der
Schiedsrichter-
Führung
In seiner Sitzung Mitte Juli hat
das DFB-Präsidium außerdem
beschlossen, die Schiedsrich-
ter-Kommission Elite personell
zu verstärken.
So übernimmt Lutz Michael
Fröhlich deren Vorsitz im Umfang
eines Vollzeit-Jobs. Knut Kircher
und Florian Meyer werden als
Schiedsrichter-Manager in das
Gremium eingebunden. Zum er-
weiterten Mitarbeiter-Stab zählen
von nun an Herbert Fandel, Jan-
Hendrik-Salver, Lutz Wagner und
Michael Weiner, die als fachliche
Berater klar definierte Aufgaben
übernehmen.
„Erst diese personelle Erweite-
rung der Kommission ermöglicht
es uns, künftig noch individueller
mit den Schiedsrichtern zu arbei-
ten und die Entwicklung voranzu-
treiben“, sagt Fröhlich.
***
Weitere Bausteine werden im
Laufe der neuen Saison ent-
wickelt und erst zur Spielzeit
2017/2018 umgesetzt.
Dazu zählt eine noch
individuel-
lere Arbeit mit den Schiedsrich-
tern
, bei der Spiel-Analysten in
die Spiel-Vorbereitung imple-
mentiert werden.
Die
Reform des Schiedsrichter-
Coachings
sieht vor, dass auch
die Coaches selbst intensiver
qualifiziert und regelmäßig
weitergebildet werden.
Im Rahmen der
Talentförderung
soll ein deutschlandweites Stütz-
punkt- und Scouting-System
eingeführt werden, um junge
Schiedsrichter frühzeitig ins
Blickfeld zu nehmen, die noch
auf Verbandsebene aktiv sind.
Und der
Einsatz von Technik
soll ausgeweitet werden. Das be-
trifft zum einen den Einsatz des
„Video-Schiedsrichter-Assisten-
ten“, der in der Saison 2016/2017
in die Testphase geht. Und
zum anderen sollen technische
Innovationen Trainingseinheiten
ermöglichen, bei denen das Wahr-
nehmungs- sowie das Sehvermö-
gen verbessert werden.
Das Team der Physiotherapeuten wird zur neuen Saison
aufgestockt: Muntez Gür war erstmals beim Schiedsrichter-
Lehrgang mit dabei.
Die Anzahl der Pressekonferenzen soll erhöht werden. In Gras-
sau stellten sich DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann, Lutz
Michael Fröhlich und Felix Brych den Fragen der Journalisten.