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„Auf diesen Pfiff
haben wir gewartet“
Nach dem Karriere-Ende vier erfahrener Bundesliga-Referees gibt es
zur neuen Saison ebenso viele Aufsteiger: Benjamin Cortus, Dr. Robert
Kampka, Harm Osmers und Frank Willenborg.
Porträt
S
o groß war die Gesprächs-Runde
mit den Bundesliga-Aufsteigern
noch nie, wenn diese sich im
Rahmen des Sommer-Trainings-
lagers mit der Schiedsrichter-Zei-
tung trafen: Mit Benjamin Cortus,
Dr. Robert Kampka, Harm Osmers
und Frank Willenborg ist gleich ein
ganzes Quartett zusammen, das in
der neuen Saison erstmals in der
Bundesliga pfeifen darf.
Seit vielen Jahren sind die vier
beim Lehrgang in Grassau dabei,
dieses Jahr also zum ersten Mal in
der Rolle eines Erstliga-Referees.
„Das ist ein ganz tolles und posi-
tives Gefühl“, sagt Harm Osmers.
Spannend sei für ihn und seine
Kollegen, dass sie nun eben auch
ihr Team, ihre Assistenten, während
des Lehrgangs dabeihätten. So
könnten sie die Tage am Chiemsee
bereits für Gespräche nutzen, wie
die gemeinsame Zusammenarbeit
aussehen soll.
Der Älteste unter den Aufsteigern
ist Frank Willenborg mit 37 Jahren.
Neun Jahre war er bereits in der
2. Bundesliga aktiv, den Sprung
nach ganz oben hat er sozusagen
auf den letzten Drücker geschafft.
„Natürlich war mir klar, dass die
‚biologische Schiedsrichter-Uhr’
tickt“, sagt der Niedersachse und
lehnt sich auf dem Sofa zurück:
Druck habe er sich trotzdem keinen
gemacht, erklärt er. „Denn ich weiß,
dass das nicht zielführend gewesen
wäre. Meine Erfahrung hat mir
geholfen, relativ gelassen an jedes
Spiel heranzugehen .“
Dieser Aussage schließt sich der
drei Jahre jüngere Benjamin Cortus
an: „Das Beste ist, entspannt von
Spiel zu Spiel zu gehen, sich nicht
in den Kopf zu setzen, dass jetzt
unbedingt alles perfekt laufen
muss.“ Denn das funktioniert
meistens sowieso nicht.
Von der Erfahrung
als Assistent
profitieren
Im Gespräch machen alle vier einen
ruhigen Eindruck, von Lampenfie-
ber oder gar Nervosität vor dem
ersten Bundesliga-Spiel noch keine
Spur. Kein Wunder: Schließlich ken-
nen sie alle die Bundesliga schon
aus anderer Perspektive, von ihren
Einsätzen als Assistenten oder
Vierte Offizielle in dieser Klasse.
„Es gibt einem natürlich Sicherheit,
wenn man das ganze Drumherum
bereits seit vielen Jahren kennt“,
gibt Frank Willenborg zu. Es gäbe
kein Bundesliga-Stadion, das ihnen
noch unbekannt sei.
Gerade Willenborg hat als Assistent
an der Seite von Florian Meyer in
dieser Zeit viel erlebt – und auch
viel gelernt: „Florian war auf dem
Platz eine herausragende Persön-
lichkeit. Es steht außer Frage, dass
es sehr schwierig sein wird, die
Fußstapfen zu füllen, die er hinter-
lässt.“
Gerade von Meyers Umgang mit
den Spielern habe er sich einiges
abschauen können. „Sogar bei
Fehlentscheidungen hat die Akzep-
tanz bei den Spielern nie gelitten“,
berichtet Willenborg anerkennend,
„als Schiedsrichter Fehler zu
machen, ist unvermeidbar. Wich-
tig ist, dass die Spieler dennoch
erkennen, dass man sein Bestes
gegeben hat, dass man sie
begleitet und ein offenes Ohr für
sie hat.“ Diese Aspekte versuche
er, für seine eigene Spielleitung zu
übernehmen.
Die Wege zu den Stadien, die
Kabinen, die Hotels und alles,
was sonst zum Spiel dazugehört,
kenne man schon, bestätigt auch
Benjamin Cortus, der zuletzt bei
Robert Hartmann an der Linie
zum Einsatz kam. Im Gegensatz
zu Meyer war Hartmann selbst
noch kein alter Haudegen, eher
einer auf Augenhöhe, der gerade
einmal zwei Jahre älter ist als
Cortus: „Daher war das auch für
mich persönlich interessant:
Vier neue Gesichter: Frank Willenborg, Harm Osmers, Benjamin Cortus und Dr. Robert Kampka
(von links) gehören nun zum Kreis der Bundesliga-Schiedsrichter.