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Titelthema
Inklusions-Mannschaft, in der
Behinderte mit Nicht-Behinderten
zusammen Fußball spielen. „Es
macht so einen großen Spaß, mit
diesen Kindern zu arbeiten. Da
nehmen die Eltern manchmal die
Kinder an die Hand und spielen
mit. Und das Schönste ist: Ich
muss fast nie Karten zeigen. Das
ist in diesem Bereich überhaupt
nicht notwendig.”
Werner Bachmann hilft bei der
Integration von Flüchtlings-
Kindern in Vereinen. „Bei uns in
Bremen haben die Flüchtlinge
es besonders schwer, weil wir
in manchen Ortsteilen eine sehr
rechtsorientierte Bevölkerung
haben. Ich versuche deshalb,
Flüchtlinge in den Fußball-
Vereinen unterzubringen, was
auch sehr gut klappt. Da erlebt
man manchmal Geschichten,
die können wir uns gar nicht
vorstellen. Ich denke, wir sollten
tun, was in unserer Macht steht,
um zu helfen.”
Auch Andreas Thiemann, der
Schiedsrichter-Chef im Westdeut-
schen Fußball- und Leichtath-
letikverband, betonte in seiner
Laudatio an die „U 50“-Sieger:
„Unsere Gewinner sind nicht nur
Gewinner dieser Aktion, sondern
auch ein Gewinn für die Schieds-
richterei an sich.”
Viele Geschichten –
eine Ehrung
Auch hier reiht sich ein Beispiel
eindrucksvoll an das andere.
Patrick Hallermayer (47) aus Wes-
seling (Mittelrhein) etwa coacht
äußerst aktiv Neulinge und unter-
stützt dabei den Lehrstab:
„Ich mache den Job gerne und
fahre auch jederzeit bei jungen
Leuten als Assistent mit.“ 2005
wurde er Opfer von Gewalt auf
dem Platz. Die Pfeife hängte er
trotzdem nicht an den Nagel.
Sein Appell an alle Kollegen, die
ähnliche Erfahrungen machen
müssen: „Wegen eines Idioten
sollen wir unser Hobby an den
Nagel hängen? Nein! Die anderen
freuen sich, wenn ich wieder-
komme.”
Eike Decker (26) aus Bad Zwi-
schenahn (Niedersächsischer FV)
lotste einen jungen Kollegen
erfolgreich aus der rechtsextre-
men Szene. „Der Junge wusste
einfach nicht so richtig, wo er
hingehört. Er ist abgedriftet in
die rechte Szene. Ich habe ihn in
Zusammenarbeit mit dem Ver-
fassungsschutz und Staatsschutz
da rausgeholt. Ich habe ihm
einen Ausbildungsplatz besorgt.
Dort arbeitet er noch heute sehr
erfolgreich. Vorgestern hat er
sein erstes Kreisliga-Spiel bei
uns im Herren-Bereich gepfiffen.
Wir werden ihn auch dieses Jahr
zur Bezirksliga-Prüfung schicken.
Weiteren Aufstiegen steht nichts
im Weg. Wir haben es tatsächlich
geschafft, diesen Mann von der
schiefen Bahn zu holen.”
Markus Klatt (36) aus Neu-Ulm
(Württembergischer FV) kümmert
sich um Schiedsrichter-Neulinge,
bei denen die Anfahrt zum Spiel-
ort schon ein Problem darstellt.
Er bildet Häftlinge in der Justiz-
vollzugsanstalt Ravensburg aus.
„Einige haben sehr erfolgreich
die Prüfung abgelegt. Zwei davon
konnten wir in unsere Gruppe
aufnehmen. Die sind jetzt als
Freigänger eingestuft und pfeifen
regelmäßig Spiele. Das ist gelebte
Resozialisierung.”
Viele außergewöhnliche Ge-
schichten – eine Ehrung. Stell-
vertretend für alle engagierten
Unparteiischen auf den Fußball-
plätzen in der ganzen Republik
strahlten sie in Hannover – und
feierten sich gegenseitig und ge-
meinsam, als große Familie eben –
und bis weit nach Mitternacht.
„Eine tolle Erfahrung – die ich de-
finitiv mit nach Hause zu meinen
Kollegen vor Ort nehme“, sagte
Preisträgerin Doris Wengrzik (25)
aus Hütingen (Südbadischer FV).
„Alle sollen wissen, wie toll diese
Veranstaltung war.”
Das passende Fazit zog am Ende
auch ihr „Chef“ Herbert Fandel:
„Es ist dringend an der Zeit, dass
wir begreifen, dass die Schieds-
richter oder auch der Fußball
insgesamt nicht nur in der Spitze
stattfinden“, sagte er. „Fußball
Drei der Ehrengäste des Abends: Schiedsrichter-Chef
Herbert Fandel,...
...DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann...
...sowie Jens Lohmann als Vertreter der DEKRA.