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S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 4 / 2 0 1 6

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Titelthema

Inklusions-Mannschaft, in der

Behinderte mit Nicht-Behinderten

zusammen Fußball spielen. „Es

macht so einen großen Spaß, mit

diesen Kindern zu arbeiten. Da

nehmen die Eltern manchmal die

Kinder an die Hand und spielen

mit. Und das Schönste ist: Ich

muss fast nie Karten zeigen. Das

ist in diesem Bereich überhaupt

nicht notwendig.”

Werner Bachmann hilft bei der

Integration von Flüchtlings-

Kindern in Vereinen. „Bei uns in

Bremen haben die Flüchtlinge

es besonders schwer, weil wir

in manchen Ortsteilen eine sehr

rechtsorientierte Bevölkerung

haben. Ich versuche deshalb,

Flüchtlinge in den Fußball-

Vereinen unterzubringen, was

auch sehr gut klappt. Da erlebt

man manchmal Geschichten,

die können wir uns gar nicht

vorstellen. Ich denke, wir sollten

tun, was in unserer Macht steht,

um zu helfen.”

Auch Andreas Thiemann, der

Schiedsrichter-Chef im Westdeut-

schen Fußball- und Leichtath-

letikverband, betonte in seiner

Laudatio an die „U 50“-Sieger:

„Unsere Gewinner sind nicht nur

Gewinner dieser Aktion, sondern

auch ein Gewinn für die Schieds-

richterei an sich.”

Viele Geschichten –

eine Ehrung

Auch hier reiht sich ein Beispiel

eindrucksvoll an das andere.

Patrick Hallermayer (47) aus Wes-

seling (Mittelrhein) etwa coacht

äußerst aktiv Neulinge und unter-

stützt dabei den Lehrstab:

„Ich mache den Job gerne und

fahre auch jederzeit bei jungen

Leuten als Assistent mit.“ 2005

wurde er Opfer von Gewalt auf

dem Platz. Die Pfeife hängte er

trotzdem nicht an den Nagel.

Sein Appell an alle Kollegen, die

ähnliche Erfahrungen machen

müssen: „Wegen eines Idioten

sollen wir unser Hobby an den

Nagel hängen? Nein! Die anderen

freuen sich, wenn ich wieder-

komme.”

Eike Decker (26) aus Bad Zwi-

schenahn (Niedersächsischer FV)

lotste einen jungen Kollegen

erfolgreich aus der rechtsextre-

men Szene. „Der Junge wusste

einfach nicht so richtig, wo er

hingehört. Er ist abgedriftet in

die rechte Szene. Ich habe ihn in

Zusammenarbeit mit dem Ver-

fassungsschutz und Staatsschutz

da rausgeholt. Ich habe ihm

einen Ausbildungsplatz besorgt.

Dort arbeitet er noch heute sehr

erfolgreich. Vorgestern hat er

sein erstes Kreisliga-Spiel bei

uns im Herren-Bereich gepfiffen.

Wir werden ihn auch dieses Jahr

zur Bezirksliga-Prüfung schicken.

Weiteren Aufstiegen steht nichts

im Weg. Wir haben es tatsächlich

geschafft, diesen Mann von der

schiefen Bahn zu holen.”

Markus Klatt (36) aus Neu-Ulm

(Württembergischer FV) kümmert

sich um Schiedsrichter-Neulinge,

bei denen die Anfahrt zum Spiel-

ort schon ein Problem darstellt.

Er bildet Häftlinge in der Justiz-

vollzugsanstalt Ravensburg aus.

„Einige haben sehr erfolgreich

die Prüfung abgelegt. Zwei davon

konnten wir in unsere Gruppe

aufnehmen. Die sind jetzt als

Freigänger eingestuft und pfeifen

regelmäßig Spiele. Das ist gelebte

Resozialisierung.”

Viele außergewöhnliche Ge-

schichten – eine Ehrung. Stell-

vertretend für alle engagierten

Unparteiischen auf den Fußball-

plätzen in der ganzen Republik

strahlten sie in Hannover – und

feierten sich gegenseitig und ge-

meinsam, als große Familie eben –

und bis weit nach Mitternacht.

„Eine tolle Erfahrung – die ich de-

finitiv mit nach Hause zu meinen

Kollegen vor Ort nehme“, sagte

Preisträgerin Doris Wengrzik (25)

aus Hütingen (Südbadischer FV).

„Alle sollen wissen, wie toll diese

Veranstaltung war.”

Das passende Fazit zog am Ende

auch ihr „Chef“ Herbert Fandel:

„Es ist dringend an der Zeit, dass

wir begreifen, dass die Schieds-

richter oder auch der Fußball

insgesamt nicht nur in der Spitze

stattfinden“, sagte er. „Fußball

Drei der Ehrengäste des Abends: Schiedsrichter-Chef

Herbert Fandel,...

...DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann...

...sowie Jens Lohmann als Vertreter der DEKRA.