„Entwicklung individueller Qualität” lautet der Leitsatz der Trainingsphilosophie Deutschland – des Konzepts, mit dem das Kompetenzteam um Hannes Wolf, DFB-Direktor Nachwuchs, Training und Entwicklung, seit Anfang 2023 Trainerinnen und Trainer im Kinder- und Jugendfußball adressiert. Der Ansatz liefert neue Impulse für die Nachwuchsausbildung und verleiht den Grundlagen des Spiels wieder eine größere Bedeutung: Spielen ersetzt isoliertes Üben; statt Gegnerorientierung und Mannschaftstaktik rückt der einzelne Spieler in den Fokus. In diesem Beitrag beleuchten wir, was hinter der Trainingsphilosophie Deutschland steckt und was sie zum Schlüssel für die Zukunft des deutschen Fußballs macht.
Was ist die Trainingsphilosophie Deutschland?
Die Trainingsphilosophie Deutschland reagiert auf zwei grundlegende Herausforderungen im deutschen Nachwuchsfußball: zu geringe Einsatzzeiten deutscher U21-Spieler in den Profiligen und eine zu hohe „Dropout”-Quote an der Basis. Ihre Inhalte sollen das Kinder- und Jugendtraining in Deutschland über Alters- und Leistungsklassen hinweg optimieren und damit eine hochwertige Ausbildung junger Spielerinnen und Spieler nachhaltig sicherstellen. Im Zentrum steht die Frage, wie sich die Kinder und Jugendlichen bestmöglich entwickeln können. Die Antwort des Kompetenzteams: durch kleine Spielformen auf mehreren Feldern! Sie garantieren Freude, Intensität und Wiederholung – für jede Spielerin und jeden Spieler auf jeder Position in jeder Minute des Trainings!
Die Grundprinzipien der Trainingsphilosophie Deutschland
Ein gutes Training erfüllt gemäß Trainingsphilosophie Deutschland drei verbindliche Qualitätsmerkmale, die für dessen Erfolg maßgeblich sind:
Freude
Freude am Fußball entsteht durch das Spielen auf Tore, zahlreiche Ballkontakte und viele Freiheitsgrade beim Lösen verschiedener Spielsituationen. Die Spielformen der Trainingsphilosophie Deutschland ermöglichen dabei jedem Spieler eine Vielzahl an Erfolgserlebnissen.
Intensität
Wichtig ist, dass jeder Spieler während der Trainingsformen permanent in Aktion ist. Kleine Felder und reduzierte Spielerzahlen erhöhen die Nettospielzeit, verkürzen Standzeiten und gewährleisten eine hohe Trainingsintensität.
Wiederholung
Eine hohe Aktionsdichte ist die Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Kinder und Jugendlichen. Kleine Spielformen auf mehreren Feldern, in die jeder Spieler aktiv eingebunden ist, steigern die Wiederholungszahl relevanter Fußballaktionen – und damit den Lernfortschritt.
Kleine Spielformen auf mehreren Feldern stehen im Mittelpunkt
Diese Prinzipien lassen sich am besten in kleinen Spielformen auf Tore realisieren. Spielvarianten vom 1 gegen 1 bis zum 4 gegen 4 enthalten, so Wolf, „alles, was Spielerinnen und Spieler brauchen”. Sie unterstützen eine ganzheitliche fußballerische Ausbildung und sind für Trainerinnen und Trainer einfach und flexibel umsetzbar. Entscheidend ist der Aufbau mehrerer Felder, damit alle Spielerinnen und Spieler ausreichend Aktionen mit dem Ball haben. Das Kompetenzteam setzt auf eine „Rezeptur” aus Spielformen, die unterschiedliche Fähigkeiten akzentuieren, ohne die Ganzheitlichkeit zu vernachlässigen: Gleichzahlspiele mit und ohne Anspieler, Spielformen zum Bespielen und Verteidigen einer Linie sowie Über- und Unterzahlspiele. In diesen Varianten entwickeln die Kinder und Jugendlichen ihre Spielfähigkeit, wenden Techniken unter Druck an und verbessern ihre Entscheidungsfindung.
So sieht eine Trainingseinheit nach der Trainingsphilosophie Deutschland aus
Jede Spielerin und jeder Spieler sollte mindestens zweimal pro Woche nach der Struktur der „besten Trainingseinheit” trainieren:
- Aktivierung (15 Minuten): Dribbeln und Fintieren mit niedrigem Spieler-Ball-Verhältnis, vielen Wiederholungen und geringen Standzeiten
- Spielblock 1 (30 Minuten): 1-gegen-1- bis 4-gegen-4-Varianten auf mehreren Feldern auf Tore
- Zwischenteil (15 Minuten): Grund- und Positionstechnik sowie athletische Inhalte mit niedrigem Spieler-Ball-Verhältnis, vielen Wiederholungen und geringen Standzeiten
- Spielblock 2 (30 Minuten): erneut 1-gegen-1- bis 4-gegen-4-Varianten auf mehreren Feldern auf Tore
Leitlinien für die Gestaltung von Spieltagen
Auch der Spieltag soll die Grundsätze der Trainingsphilosophie Deutschland aufgreifen. Die Entwicklung der Spielerinnen und Spieler bleibt das oberste Ziel: Alle Kinder spielen die ganze Zeit – niemand bleibt am Spielfeldrand oder gar zuhause. So steigt die Nettospielzeit jedes Einzelnen durch kleinere Feldgrößen, geringere Spieleranzahlen und wenig Rotationsspieler ganz selbstverständlich an, ohne dass größere „Eingriffe“ seitens der Trainer erforderlich sind. Dies bietet den zusätzlichen Vorteil, dass die Spielerinnen und Spieler in kurzen Abständen viele gelungene Szenen erleben, aber auch Erfahrungen mit Fehlern und Niederlagen sammeln. Dieser umfassende Erfahrungsschatz rund um das Spiel fördert so zudem auch den Umgang der Spielerinnen und Spieler mit ihren eigenen Emotionen. Um jedes Kind entsprechend seinem Entwicklungsstand zu fördern und zu fordern, erfolgt eine Einteilung der Felder in unterschiedliche Niveaustufen („Gold”, „Silber” und „Bronze”). Auf diese Weise kann eine Talentförderung stattfinden, ohne dabei Leistungsschwächere auszuschließen.
Der „neue Kinderfußball” setzt bereits auf die Vorzüge der kleinen Spielformate. Doch auch in den älteren Altersklassen gelangen mittlerweile Alternativmodelle zur Durchführung: So bieten sich z. B. bei den D-Junioren anstelle eines 9 gegen 9 mit Wechselspielern auch sogenannte „Zwillingsspiele“ im 7 gegen 7 an. Auf zwei Feldern kommen so 14 Spieler pro Team gleichzeitig zum Einsatz, was wiederum eine signifikante Erhöhung der Einsatzzeiten pro Spieler zur Folge hat. Das Modell lässt sich beliebig auch auf jene Altersklassen erweitern, die gewöhnlich im 11 gegen 11 spielen – also auch auf C-, B- und A-Junioren.
Die Rolle der Trainer in der Trainingsphilosophie Deutschland
Die Trainerinnen und Trainer nehmen im Training und Wettkampf eine zentrale Rolle ein. Sie gestalten eine Fußball-Umgebung, in der sich die Kinder und Jugendlichen optimal entwickeln können. Ihre Aufgabe ist es, die Nettospielzeit der Spielerinnen und Spieler zu maximieren: Mithilfe von Balldepots und durch motivierendes Coaching halten sie das Spiel jederzeit im Fluss und sorgen für eine hohe Intensität. Sie organisieren zudem die Spielfelder und schaffen für jeden Spieler einen Ort, an dem er den Fußball auf seinem individuellen Leistungsniveau hochdosiert erleben kann.
Fazit: Mit der Trainingsphilosophie Deutschland zu einer besseren Nachwuchsausbildung
Die Trainingsphilosophie Deutschland begegnet zentralen Problemen des deutschen Nachwuchsfußballs und besinnt sich dafür auf das Wesentliche: Eine höhere Nettospielzeit, mehr Ballaktionen und mehr Tore für jede einzelne Spielerin und jeden einzelnen Spieler legen das Fundament für eine ganzheitliche fußballerische Ausbildung. Kleine Spielformen auf mehreren Feldern erzeugen Freude, Intensität und Wiederholung – die Grundpfeiler einer guten Entwicklung im Kinder- und Jugendalter. Die Prinzipien der Trainingsphilosophie Deutschland versprechen neue Chancen, die Spitze und Breite gleichermaßen zu fördern – und sind genau das, was unser Fußball-Nachwuchs braucht.