Hälfte verteilen, lässt Sascha Stegemann die Fernsehbil-
der zurückspulen. Er möchte noch mal kurz überprü-
fen, ob beimPass in die Spitze eine Abseits-Stellung vor-
gelegen hat. Auf seinen Funkspruch, dass er die Szene
noch mal checkt, kommt vom Schiedsrichter im Stadion
allerdings keine Reaktion. Die Funkverbindung stockt.
AlsopfeiftDenizAytekinzumAnstoß,derBallwirdgespielt
und das Spiel fortgesetzt. Erst als der Funkkontakt wie-
der steht, kann erfolgreich aufgeklärt werden. Der Test-
lauf hat sich bereits bezahlt gemacht, neue Erkenntnisse
wurden gewonnen.
GROSSER LERNEFFEKT
DieOptimierungder Technik ist das eineZiel der Stadion-
Tests. Das andere Ziel ist es, die Abläufe innerhalb des
Schiedsrichter-Teams zu trainieren. „Diese Abläufe müs-
sen in Fleisch und Blut übergehen“, sagt Rainer Werth-
mann, der dieses Spiel als „Supervisor“ begleitet. In die-
ser Rolle steht er dem Video-Assistenten beratend zur
Seite, wenn sich imSpiel eine kritische Situationereignet:
einVergehenvoreinerTorerzielung,eineStrafraum-Situa-
tion, eine Spieler-Verwechslung bei einer Persönlichen
Strafe oder ein Vergehen, das zu einer Roten Karte führt.
„Auch wenn diese Extrem-Situationen bei den Freund-
schaftsspielen die Ausnahme sind, können wir bei den
Tests sehr viel lernen“, erklärt Werthmann. „Die Szene
ebenhatzumBeispieldeutlichgemacht,dassderSchieds-
richter künftig nach einer Torerzielung mit dem Anstoß
etwas länger warten muss. Und zwar so lange, bis er die
Rückmeldung erhalten hat, dass das Tor regulär erzielt
wurde.“
Und was ändert sich für den Fan im Stadion oder den
Zuschauer amFernseher? Erwird selbstverständlichüber
dieEntscheidung informiertwerden. AndenDetailsdazu
wird momentan noch gearbeitet. Oft verzögert sich das
Spiel ohnehin um ein paar Sekunden, weil ein Spieler
nach einem Foul behandelt wird oder die Mannschaften
sich vor der Spielfortsetzung noch sortieren müssen. In
dieser Zeit werden Schiedsrichter und Video-Assistent
miteinander kommunizieren. Nur wenn der Schiedsrich-
ter die Spielfortsetzung gezielt verzögert oder eine Ent-
scheidungdesVideo-Assistentenübernimmt,wirderdies
miteinerentsprechendenGesteaußenwirksamanzeigen
(siehe Kasten).
„Grundsätzlich sollen die Schiedsrichter auf dem Platz
auch weiterhin genau so agieren wie bisher. Die Spiellei-
tung wird nicht von außen geführt, sondern der Schieds-
richter bleibt Chef auf dem Platz“, stellt Krug klar. Auch
fürdieSchiedsrichter-Assistentenändertsichnichts.Aller-
dings ist geplant, dass bei tornahen Abseits-Situationen,
nach denen es unmittelbar zu einemTorschuss kommen
kann, dieSchiedsrichter erst verzögert pfeifen sollen. Die
Assistenten sollen sichnicht umstellen, werden aber ein-
malmehr daranerinnert, dass siebei ZweifelnproAngrei-
fer entscheiden, also die Fahne unten lassen.
Während gerade Abseits-Szenen durch den Video-Assis-
tenten zweifelsfrei aufzulösen sein werden, wird das bei
Strafraum-Situationen schon schwieriger: „Die größte
Herausforderung bleibt zu definieren, wann der Video-
Assistent ins Spiel eingreifen muss. Wann also ist eine
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1_FIFA-Schiedsrichter Deniz Aytekin beim
Stadion-Test in Hoffenheim.
2_Das Freundschaftsspiel vor leeren Rängen
wurde in Szene gesetzt wie ein Fernseh-Live-
Spiel.
3_Mit einem Klick auf den roten Buzzer schaltet
sich der Video-Assistent in den Funkverkehr des
Schiedsrichter-Teams ein.
4_Der technische Operator wählt in wenigen
Sekunden die besten Kamera-Einstellungen aus.
5_Video-Assistent und Operator werden
zusätzlich durch einen Supervisor (im
Vordergrund: Rainer Werthmann) unterstützt.
D F B -S CH I E D S R I CH T E R-Z E I T UNG 0 4 |2 017
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