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S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 2 / 2 0 1 7

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allem Geduld“

Wie macht er Spielern und Umfeld

klar, dass ein Review-Prozess, also

eine Überprüfung der Situation

durch den Video-Assistenten,

im Hintergrund läuft? Wie zeigt

er an, dass seine ursprüngliche

Entscheidung nach einem Re-

view-Prozess geändert wird? Auch

muss der Schiedsrichter wissen,

wann, wie und vor allen Dingen wo

er das Spiel unterbrechen muss,

wenn er vom Video-Assistenten

den Hinweis bekommt, dass eine

Entscheidung überprüft werden

sollte, beispielweise bei einem von

ihm zunächst nicht geahndeten

Zweikampf im Strafraum.

Wie oft und wie lange müssen

die Schiedsrichter noch geschult

werden, bevor der Video-Assistent

auch im Meisterschaftsbetrieb

getestet werden darf?

Krug

: Dazu gibt es genaue Vorga-

ben der FIFA: Die Unparteiischen

müssen drei Trainingsspiele mit

Hilfe eines Video-Assistenten ge-

leitet sowie zudem selbst fünfmal

offline und fünfmal online als

Video-Assistent gearbeitet haben.

Wie lange wird die Erprobungs-

phase demnach noch dauern?

Krug

: Die Offline-Erprobungsphase

einschließlich organisierter Spiele

dauert bis zum Ende des laufen-

den Spieljahres. In der kommen-

den Saison werden wir dann tat-

sächlich online einsteigen. Dann

werden wir bei jedem Bundesliga-

Spiel einen Video-Assistenten

einsetzen, der mit dem Schieds-

richter im Funkkontakt steht und

gegebenenfalls eingreifen kann.

Unser ultimativ abschließender

Test wird vor Saisonbeginn aller

Voraussicht nach das Supercup-

Finale im Sommer 2017 sein.

Doch ungeachtet aller Bemühun-

gen und Trainingsarbeit dürfte

eines sicher sein: Auch nach dem

Start ins Online-Geschehen, wenn

es ernst wird in der Wettkampf-

phase, sind wir noch nicht am

Ende der Entwicklung. Wir werden

Situationen erleben, mit denen wir

heute noch nicht rechnen und die

wir dann kurzfristig bewältigen

müssen. „Learning by doing“ –

das müssen wir auch der Öffent-

lichkeit vermitteln.

Das Schlechteste, was passieren

könnte, wäre, wenn nach der

ersten unglücklichen Aktion

alles in Frage gestellt würde. Alle

Beteiligten werden auch ein wenig

Geduld aufbringen müssen, damit

dieses großartige Projekt auf Sicht

gelingen kann. Erleben werden

wir die Umsetzung des Video-

Assistenten auch international,

zunächst im Sommer 2017 beim

Confed Cup, und, so ist zumindest

derzeit anzunehmen, auch bei der

Fußball-Weltmeisterschaft 2018.

Ist Ihrer Meinung nach die Ein-

führung des Video-Assistenten

die richtige Entwicklung für den

Fußball?

Krug

: Ja, das ist die logische

Folge einer Entwicklung. Durch

die TV-Anstalten werden heute

sämtliche Fehler des Schiedsrich-

ters in wenigen Sekunden aufge-

deckt. Dabei wird dem Fernseh-

Publikum durch die Darstellung

in Zeitlupe, Super-Zeitlupe und

Standbild eine Klarheit suggeriert,

die für den Schiedsrichter auf

dem Platz gar nicht besteht. Und

der einzige, dem diese Bilder nicht

zur Verfügung stehen, ist der

Schiedsrichter selbst. Dabei ist in

der Öffentlichkeit kaum jemand

bereit, Schiedsrichtern Fehler

zuzugestehen.

Also müssen wir in logischer

Konsequenz den nächsten Schritt

vollziehen und unseren Schieds-

richtern helfen, indem wir ihnen

die TV-Bilder, die alle Welt sieht,

zur Verfügung stellen. Das ist ein

Weg, die öffentliche Diskussion um

Schiedsrichter-Entscheidungen

zu entzerren und zu reduzieren.

Wenn es uns gelänge, klare Fehler

des Schiedsrichters zu korrigieren,

wäre dies ein Riesenschritt. Damit

Ein international bindendes Protokoll schreibt genau vor, in

welcher Spielsituation der Video-Assistent eingreifen darf.

In den Besprechungen wird vor allem der Frage auf den Grund gegangen, wann ein schwerwie-

gender Fehler zugrunde liegt.