Richtig coachen - so erreichst du dein Team!
Worauf es im Training ankommt
Wir Fußballtrainer tendieren dazu, alles unter Kontrolle haben zu wollen und möglichst viel zu erklären und zu vermitteln. Schließlich machen wir uns ja auch die Mühe, Trainingseinheiten und -reihen akribisch zu planen und vorzubereiten, um schlussendlich Fortschritte und Ergebnisse zu sehen. Dabei vergessen wir jedoch gern die Mündigkeit und den Schaffenstrieb unserer Spieler. Häufig zwängen wir sie in ein Konstrukt aus Regeln und Vorgaben, das die Kreativität hemmt und das Team nur schwer in Fahrt kommen lässt. Aus der Gruppe fallen dann häufig Sätze wie „wer hat jetzt nochmal Ball?“ „Zählt der Punkt?“ „Ich dachte wir dürfen das nicht!“ - Warnsignale, die die nächste Intervention erfordern und somit wieder Erklärungs- und Standzeit bedeuten.
Anstatt die Mannschaft von Anfang an mit Informationen und Regeln zu überfrachten, solltet ihr sie in einem möglichst einfachen Rahmen auf dem Platz ankommen lassen. Selbstverständlich könnt ihr über die Feldform und eine erste einfache Regel schon gewisse Akzente setzen, jedoch sollte der Fokus unbedingt erstmal darauf liegen, Spielfluss zu erzeugen. Behaltet eure Coachingpunkte im Hinterkopf und überprüft im ersten Durchgang, was vielleicht schon wünschenswert umgesetzt wurde und was noch schärfer eingefordert werden muss. Nutzt die Unterbrechung zwischen den Durchgängen und nehmt die Mannschaft mit: „Worauf kommt es bei diesem Spiel an? Was funktioniert gut, was weniger?“ Verstärkt positives Verhalten durch Lob und Wiederholung. Sprecht Fehlverhalten kurz und prägnant an, bleibt jedoch konstruktiv und bietet unmittelbar eine Lösung an. „Das ist mir zu wenig“ oder „da müsst ihr euch konzentrieren“, sind keine hilfreichen Hinweise.
Schlussendlich ist das Training für die Spieler da - nicht für uns Trainer. Es hilft, sich bewusst zurück zu nehmen und in die Beobachterrolle zu schlüpfen. Wir können begleitend coachen, motivieren und loben - den Spielfluss am Leben halten. Das Spiel ständig einzufrieren, wenn uns etwas nicht passt, birgt ein hohes Frustrationspotenzial. Es gibt sicherlich Situationen, in denen sich ein „Stop!“-Ruf lohnt, doch diese sollten wohl dosiert sein. Außerdem eignen sie sich nicht nur zum Aufzeigen von Fehlerbildern, sondern sind auch ein prima Aufhänger für positive Verstärker.
So coache ich im Training
- Durch eine aufrechte Haltung, Blickkontakt und passende Gestik, nehme ich die Mannschaft mit und stelle sicher, dass meine Ansprache ankommt.
- Ich schaffe durch einfache und klare Regeln einen niedrigschwelligen Einstieg in die Trainingseinheit und bringe das Spiel zum laufen.
- Zwischen den Durchgängen nutze ich Erholungspausen, um meine Coachingpunkte Schritt für Schritt abzuarbeiten.
- Dabei verstärke ich positive Verhaltensweisen und gehe konstruktiv mit Fehlerbildern um.
- Je nach Qualität und Spielfluss während der Durchgänge entscheide ich, ob ich das Spiel weiter erschweren kann oder erleichtern muss.
- Während der Durchgänge begleite ich das Spiel und motiviere die Spieler, das Tempo hochzuhalten.
- Ich gebe ihnen nicht jeden einzelnen Pass- und Laufweg vor, sondern helfe höchstens bei der Positionierung - z.B. mittels kurzer prägnanter Hinweise wie „Tiefe" oder „Breite".
Das Wettspiel als Leistungsüberprüfung
Am Wochenende steht das Wettspiel an - der Moment, auf den alle gemeinsam während der Trainingswoche hinarbeiten. Es dient gewissermaßen als Standortbestimmung, bei der im Idealfall die Früchte der gemeinsamen Arbeit geerntet werden. Gleichzeitig deckt es auch die Stellen auf, an denen noch Verbesserungspotenzial besteht - sowohl auf Seiten der Mannschaft als auch bei uns Trainern.
In der Spielvorbesprechung könnt ihr euch an einigen Grundsätzen aus dem Trainings-Coaching orientieren. Denn auch hier sollte ein Informations-Überfluss in jedem Fall vermieden werden. Egal wie gut ihr glaubt, den Gegner zu kennen - es muss nicht jeder Pass- und Laufweg im Vorfeld besprochen und vorgegeben werden. Vertraut auch hier auf die Mündigkeit eurer Spieler. Legen sie im Training schon wünschenswerte Verhaltensweisen an den Tag, werden sie das auch im Spiel reproduzieren. Bestärkt sie nochmal darin, mutig eure Philosophie auf den Platz zu bringen und stellt in kurzen, prägnanten Punkten vor, wie ihr den Gegner bespielen wollt.
Das Coaching während des Spiels gestaltet sich deutlich schwieriger als beim Training. Schließlich gibt es hier kaum Unterbrechungen, in denen wir an unsere Spieler herantreten und sicherstellen können, dass sie den Input auch verstehen. Wenn der Ball rollt, sinkt der Einfluss durch uns Trainer aufs Minimum. Die größte Überschneidung liegt daher im begleitenden Coaching, aber Achtung: Gerade auf dem großen Feld werdet ihr kaum alle Spieler erreichen können. Daher lohnt es sich, mit ebenso kurzen wie prägnanten Begriffen, bestimmte Aktionen, wie z.B. das Pressing, auszulösen bzw. zu bestärken.
Die nächste Möglichkeit Einfluss zu nehmen, haben wir dann wieder in der Halbzeitpause. Doch auch hier ist Vorsicht angesagt. 15 Minuten sind schnell vergangen und die Spieler sind teilweise noch gar nicht richtig aufnahmefähig. Insofern müsst ihr die wichtigsten Punkte frühzeitig identifizieren und wieder konstruktive Lösungsangebote machen können. Seid ihr selber hilf- und ratlos, vermeidet übermäßige Kritik an der Mannschaft und bezieht sie in die Lösungsfindung mit ein. So fühlt sich das Team mitgenommen und kommt in einen konstruktiven Austausch.
Nach dem Spiel heißt es erstmal: Durchatmen und Einordnen. Wichtig ist, die nun folgende Ansprache nicht zu sehr aus der Emotion heraus zu tätigen. Gerade bei einem negativen Ergebnis ist weniger häufig mehr. Baut das Team auf und wartet mit eurer Analyse bis zum nächsten Training ab, um eine unfaire Einordnung der Leistung auf Basis von Emotionen zu vermeiden. Auch positive Ergebnisse müssen realistisch betrachtet werden. Natürlich sollten Siege gefeiert und genossen werden - erinnert euch und euer Team jedoch stets daran, dass die nächste Aufgabe schon bevorsteht.