Ingame-Coaching: Darauf kommt es an!
Spiele richtig einordnen
Natürlich kommen die Spiele als Leistungsüberprüfung auch in einem ganz anderen Rhythmus vor, als wir es von Prüfungen an der Schule oder Universität gewohnt sind. Der Leistungsstand wird also häufiger und regelmäßiger abgefragt, sodass die Entwicklung weniger stark zu beurteilen ist. Wart ihr am Wochenende beispielsweise mit dem Pressing eures Teams unzufrieden und leitet entsprechende Maßnahmen für euer Training ab, muss es deshalb nicht zwangsläufig im nächsten Spiel auf Anhieb funktionieren.
Gruppen- und mannschaftstaktische Elemente brauchen mehrere Wochen, um sich zu festigen und konstant abrufbar zu sein. Gebt euch und eurem Team die Zeit und versucht nicht nach jedem Spiel einen neuen Plan zu entwickeln, nur weil Plan A gerade noch nicht aufgeht. Nutzt das Spiel lieber, um die wirklich auftretenden Probleme zu erkennen, zu benennen und mit der Mannschaft aufzuarbeiten.
Im Spiel Zugriff kriegen
Vieles ist am Ende natürlich auch gegnerabhängig. Ihr bereitet Lösungen für ein klassisches Mittelfeldpressing vor, mit dem ihr nach außen gelenkt werdet und plötzlich erkennt ihr, dass sich der Gegner für euch etwas besonderes überlegt hat und ganz oben anlaufend ins Zentrum lenkt. Oberstes Gebot: Ruhe bewahren! Anstatt über den ganzen Platz zu schreien und euer Team damit wohlmöglich zusätzlich zu verunsichern, schnappt ihr euch den Außenverteidiger auf eurer Seite und gebt ihm zu verstehen, dass ihr das Problem erkannt habt und habt im Idealfall auch gleich die Lösung parat. In der nächsten Spielunterbrechung - beispielsweise bei einem Standard - kann er die Infos dann mit dem Rest des Teams teilen.
Laufen die Dinge wie geplant, könnt ihr euch auf das begleitende Coaching beschränken. Ermutigt eure Spieler, die Intensität zu wahren und proaktiv das Spielgeschehen zu gestalten. Gebt kurze und prägnante Kommandos, um das Pressing zu unterstützen oder die Raumaufteilung zu korrigieren. Vermeidet dabei, einzelne Pass- und Laufwege vorzugeben und die Kreativität und Mündigkeit eurer Spieler dadurch einzuschränken. Natürlich könnt ihr drauf hinweisen, wenn ihr beispielsweise eine gute Möglichkeit für den tiefen Pass seht, aber auch dann reicht ein kurzes „Tief!“ An Stelle von „X spiel tief auf Y".
So coache ich im Spiel
- Ich finde die richtige Balance zwischen Emotionalität und Sachlichkeit, um das Team bestmöglich zu unterstützen.
- Durch begleitendes Coaching zeige ich Präsenz und gebe Hilfestellungen, ohne die Spieler zu bevormunden.
- Für größere Veränderungen nutze ich Spielunterbrechungen und lasse einen Spieler in meiner Nähe die Informationen weitergeben (wenn nötig auch per Zettel).
- Auch bei Fehlern habe ich meine Emotionen im Griff und bleibe konstruktiv - der Spieler ärgert sich in diesem Moment genug.
- Meine inhaltlichen Zwischenrufe sind Angebote, keine Vorgaben. Der Spieler am Ball kann seine Situation besser bewerten als ich und hat die volle Entscheidungsgewalt.
Die Halbzeitpause sinnvoll nutzen
In der Halbzeitpause haben wir die größtmögliche Chance auf Einflussnahme und einen unmittelbaren Austausch mit dem Team. Das birgt allerdings auch das Risiko, die Spieler mit all den gesammelten Notizen zu überfrachten und mögliche positive Effekte dadurch zu ersticken. Geht also planvoll an die Sache heran und nehmt euch und eure Auffassung nicht wichtiger als das Gefühl der Spieler, die das Geschehen auf dem Platz tatsächlich erleben.
Eine große Rolle für die Informationsphase spielt das Arbeitsgedächtnis. Allgemein empfehlen Sportpsychologen an das Alter angepasst drei bis maximal fünf Inhalte zu thematisieren. Während das Team zur Ruhe kommt und sich erholt, könnt ihr mit Hilfsmitteln wie der Taktiktafel die erste Hälfte einordnen und eure wichtigsten Punkte kurz und prägnant anbringen. Versichert euch mit regelmäßigen Blicken in die Runde, dass eure Informationen ankommen. Nicken die Spieler verständnisvoll oder schauen sie skeptisch drein? Die Mimik ist unmittelbares Feedback und gibt euch die Möglichkeit, das Team ins Boot zu holen.
Gebt euren Spielern die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen und eigene Probleme zu thematisieren. So fühlen sie sich mitgenommen und werden von Zuhörern zu aktiven Teilnehmern an der Gestaltung der Halbzeitpause. Sie steigern also ihre Aufmerksamkeit und verinnerlichen die thematisierten Inhalte nachhaltiger.
Die Ansprache endet idealerweise mit einem motivierenden Appell. Der muss nicht zwangsläufig vom Trainerteam kommen, sonder kann auch vom Kapitän oder anderen Führungsspielern an das Team gerichtet werden. Auch das ist der Mündigkeit und Identifikation zuträglich. Die betreffenden Spieler setzen sich ganz anders mit dem Spiel und der Situation auseinander, wenn sie selbst Verantwortung übernehmen (dürfen) als wenn ihnen vom Trainerteam alles abgenommen wird.
Ablaufplan für die Halbzeitansprache
- Spieler abklatschen, Nachfrage bzgl. Wohlbefinden und möglichen Verletzungen
- Einordnung der bisherigen Leistung
- Prägnante Darstellung der wichtigsten inhaltlichen Punkte (max. 3-5)
- Abgleich mit Wahrnehmung der Spieler („Habt ihr noch andere Probleme, die wir gemeinsam lösen können?")
- Motivation für Halbzeit zwei