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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 4
Porträt
Sonnenschein, Musik während der
Spiele, Spaß am Spiel, alles das ist
faszinierend. Man muss es einfach
mal selbst erleben.“ Auch sportlich
fasziniert ihn die Disziplin. „Es ist
schnell und durch den Sand unbere-
chenbar. Mal entscheidet die Taktik,
mal die Athletik und mal die Akro-
batik über Sieg oder Niederlage.
Der Torabschluss steht immer im
Vordergrund, sodass oft spekta-
kuläre Aktionen zu sehen sind.“
Neugierig geworden? Man kann
sich diesen erfolgreichen Mann
durchaus zum Vorbild nehmen –
denn der Bedarf an ausgebildeten
Beachsoccer-Schiedsrichtern
steigt stetig. „Je früher man dabei
ist, umso mehr Erfahrung kann
man sammeln“, empfiehlt Torsten.
Einzelne Landesverbände fangen
jetzt schon damit an, Ausbildungs-
Lehrgänge zum Beachsoccer-
Schiedsrichter zu organisieren.
Wenn also Interesse an einer Tätig-
keit als Beachsoccer-Schiedsrich-
ter besteht, sollte man sich an sei-
nen Kreis-Obmann oder direkt an
den Verbands-Obmann wenden.“
Wichtig: Eine vorherige Ausbildung
zum „normalen“ Fußball-Schieds-
richter ist Voraussetzung. Torsten
empfiehlt seinen kompletten Wer-
degang weiter: „Erfahrungen beim
Futsal sind hilfreich für Beach-
soccer. Wenn man die Regeln
beherrscht, ist die nächste Schwie-
rigkeit das Pfeifen zu zweit. Hat
man das drauf, muss man nur
noch das ‚unfallfreie Laufen‘ auf
Sand üben…“
Torsten wäre aber nicht Torsten,
würde er sich nach der Nominie-
rung für die FIFA-Liste nun ausru-
hen. Sein neuer Traum: die Teil-
nahme an einer Beachsoccer-WM.
Das Problem auch hier: „Selbst
im Beachsoccer gibt es bereits
viele junge internationale
Schiedsrichter, die mehr Erfah-
rung aufweisen können als ich.
Ich freue mich aber über jeden
internationalen Einsatz, den
ich bekomme, und werde dort
mein Bestes geben. Was daraus
wird, kann man jetzt ganz
bestimmt noch nicht sagen. Ich
kann mir nur selbst die Daumen
drücken für eine Nominierung zum
WM-Qualifikationsturnier im Sep-
tember.“
Und wie sieht Torsten das Entwick-
lungspotenzial von Beachsoccer in
Deutschland? „Die GBSL musste
aufstocken, da mehr und mehr
Teams Interesse am Spielbetrieb
haben. In diesem Jahr werden
zwölf Mannschaften um die Meis-
terschaft spielen. Ich denke, dass
Beachsoccer in Deutschland nicht
mehr aufzuhalten ist und sich in
den nächsten Jahren stetig und
schnell weiterentwickeln wird.“
Und Torsten Günther ist ein wichti-
ger Teil davon, als internationaler
Aus Brasilien
nach Europa
Beachsoccer ist älter als man
vermutet: Die Sportart entstand
in den Küstenregionen Brasi-
liens gegen Ende des 19. Jahr-
hunderts. Anfangs waren es
europäische Seeleute, die auf
ihren Landgängen im Sand Fuß-
ball spielten.
Der Fußball am Strand war und ist
in Brasilien fester Bestandteil der
Freizeitgestaltung. 1957 fanden
dort die ersten offiziellen Beach-
soccer-Turniere statt. Seitdem
werden dort auch regelmäßig
professionelle Turniere durchge-
führt, mit der Premiere der inoffi-
ziellen Weltmeisterschaft 1995.
Von der Copacabana hat sich
Beachsoccer zunächst auf die
USA, dann aber sehr schnell auf
die restliche Welt ausgedehnt.
Was sind – mal abgesehen vom
Untergrund - die Unterschiede
zwischen klassischem Fußball
und Beachsoccer? „Schon vor
Spielbeginn fällt auf, dass das
Spiel – wie Futsal auch – von zwei
Schiedsrichtern geleitet wird“,
erklärt Torsten Günther.
Beide Mannschaften spielen mit
fünf Spielern – natürlich ohne
Schuhe – und fliegendem Wech-
sel. Ein Spiel ist unterteilt in drei
Drittel zu je zwölf Minuten, bei
Spielunterbrechungen wird die
Spielzeit angehalten. Ist der Ball
im Seitenaus, kann entweder ein-
gekickt oder eingeworfen wer-
den. Die Linien sind imaginär und
durch Fahnen, die außerhalb des
Spielfelds stehen, gekennzeich-
net. Alle Spielfortsetzungen sind
innerhalb von fünf Sekunden aus-
zuführen.“
Die vier Besonderheiten, die den
Sport ausmachen und für den
Zuschauer erst einmal gewöh-
nungsbedürftig sind, beschreibt
Torsten Günther so:
1. „
Der Torwart darf einen Rück-
pass seines Mitspielers mit den
Händen aufnehmen. Erst beim
zweiten Rückpass ohne Berüh-
rung des Gegners wird das Spiel
unterbrochen. Diese Regelung
wird oft zur Einleitung schneller
Konter genutzt.“
2. „
Wird ein Freistoß verhängt,
darf die verteidigende Mann-
schaft keine ‚Mauer‘ bilden. Der
gefoulte Spieler, der den Freistoß
ausführen muss, hat immer freie
Schussbahn auf‘s Tor.“
3. „
Um die Attraktivität des Spiels
zu fördern, wird der Spieler, der
einen Fallrückzieher ausführt,
besonders geschützt. Setzt ein
Spieler zum Fallrückzieher an
und wird dabei von einem Gegen-
spieler behindert, erhält der
Angreifer den Freistoß. Selbst
dann, wenn er im Extremfall den
Verteidiger mit seinem Fallrück-
zieher verletzt hat. Passiert das
im Strafraum, folgt natürlich ein
Strafstoß aus neun Metern.“
4. „
Kein Spiel im Beachsoccer
endet mit einem Unentschieden.
Ist in der regulären Spielzeit kein
Sieger gefunden, folgt eine drei-
minütige Verlängerung. Steht
dann immer noch kein Sieger fest,
wird per Neun-Meter-Schießen im
Sudden Death‘ der Sieger
ermittelt.“
Hintergrund: Beachsoccer
Der „normale" Schiedsrichter würde auf Gefährliches Spiel
des Angreifers entscheiden - beim Beachsoccer gibt es in
solch einer Situation dagegen Freistoß für den Angreifer,
weil er vom Verteidiger am Fallrückzieher gehindert wird.
Repräsentant des deutschen Beach-
soccer-Schiedsrichter-Wesens.
Einer mit Ehrgeiz, Leidenschaft
und Durchsetzungsvermögen.
Und einer, der beileibe nicht so
langweilig ist, wie sich sein regulä-
rer Job anhört.