Teil 4: Bergspitzen und tiefe Täler
Derbysieger
Der letzte Teil des Blogs endete mit dem Ausblick auf das Derby gegen die Damen vom BSV Ostbevern. Am dritten Spieltag war es so weit und wir empfingen die Mannschaft aus dem Beverland in unserer „Festung Egelshove“. Nachdem wir gegen Ibbenbüren so gut wie all unsere Prinzipien vermissen ließen, wollten wir in diesem Spiel unbedingt wieder selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen und einen dominanten Auftritt hinlegen. Neben einem zielstrebigen, aber kontrollierten Spiel- und Angriffsaufbau standen vor allem frühe Ball(rück)gewinne auf dem Plan. So gaben wir im Taktikbriefing deutlich höhere Pressing- und Verteidigungslinien vor und machten nochmal deutlich, in welchen Zonen wir nach Ballverlust besonders das Gegenpressing forcieren wollen. Daraus folgte schließlich, dass der gegnerische Aufbau schon kurz vor dem Strafraum gestört und immer wieder zu unkontrollierten „Exit-Bällen“ gezwungen wurde, die meist in unseren Reihen landeten. Die ersten Tormöglichkeiten blieben ungenutzt, weil Ostbevern das Zentrum sehr gut verteidigen und uns in den entscheidenden Räumen nach außen drängen konnte.
So dauerte es schließlich bis zur 32. Minute, ehe wir den ersten Treffer erzielen konnten: Nach einer schönen Kombination war die rechte Außenstürmerin am Flügel durch und brachte eine perfekte Flanke in den Strafraum, wo die Volleyabnahme der linken Außenstürmerin ihren Weg ins Netz fand. In der Folge sollte die lila-weiße Flügelzange noch zwei weitere Male zuschlagen. Nur fünf Minuten später ging es wieder von rechts in den Strafraum und der Querleger musste nur noch eingeschoben werden. Weitere fünf Minuten später dann das gleiche Spiel: quasi ein doppelter Hattrick zur 3:0 Führung kurz vor der Pause. Nach dem Seitenwechsel passierte nicht mehr viel. Die Gegnerinnen kamen merklich verbessert und deutlich aggressiver aus der Kabine und versuchten weitere Gegentreffer um jeden Preis zu verhindern. Dies allerdings, ohne sich hinten einzubunkern, sondern indem sie weiter vorne Druck ausübten und uns den Ballvortrag erschwerten. So konnten wir uns nur noch eine weitere hochkarätige Torchance erspielen, deren Abschluss leider ihren Weg über die Querlatte fand. Der 3:0-Endstand ging in der Summe für beide Seiten in Ordnung und war ein wichtiges Erfolgserlebnis vor dem Duell mit Kutenhausen.
Keine schöne Busfahrt
Spieltag 4 hielt die erste Busfahrt für uns parat. Schon um 12 Uhr trafen wir uns, um pünktlich um 15:30 Uhr beim SV Kutenhausen zu sein. In der vergangenen Trainingswoche hatten wir uns nochmal verstärkt um das schnelle Verdichten des Zentrums nach Ballverlust und das rückwärts-verteidigen gekümmert, um für das gezielte Spiel in die Schnittstellen der Gegnerinnen gewappnet zu sein. Dabei standen natürlich gleichermaßen die zugehörigen Kontermöglichkeiten auf dem Plan, und auch die eigenen Angriffsmuster sollten nicht vernachlässigt werden. Mit guter Stimmung und reichlich Verpflegung im Gepäck machten wir uns also auf den Weg, den ersten Auswärtssieg der Saison einzufahren.
Und nach nur sieben Minuten sah alles danach aus, als sollte dieses Vorhaben gelingen. Mit einer einstudierten Eckenvariante machten wir die frühe Führung klar und belohnten uns so für eine gute und druckvolle Anfangsphase. Im Anschluss daran hatten wir zwei weitere Hochkaräter, um die Führung zu erhöhen: Zuerst fing unsere Außenstürmerin überraschend einen Pass der gegnerischen Torhüterin ab und kam dann nicht schnell genug zum Abschluss. Wenig später krachte ein Freistoß aus großer Distanz an die Latte und der Nachschuss aus fünf Metern wurde herausragend pariert. Doch in der 15. Spielminute der Schock: Wie aus dem Nichts schenkten wir den Ball nach einer Unaufmerksamkeit leichtfertig her und fingen uns einen dieser Schnittstellenbälle, die wir so dringend vermeiden wollten. Die gegnerische Stürmerin lief perfekt hinter die Kette ein und ließ unserer Torfrau keine Chance - 1:1.
Wer sich auf andere verlässt …
… ist verlassen. Kurz vor der Halbzeit wurde alles noch schlimmer. Nach einem Freistoß zappelte der Ball plötzlich wieder bei uns im Netz. Niemand hatte sich die Mühe gemacht zu verteidigen. Warum? Weil sich alle sicher waren, dass der Torabschluss aufgrund einer Abseitsposition niemals hätte gewertet werden dürfen. Doch die Entscheidungsmacht liegt nunmal beim Schiedsrichter, der selbst in der Verbandsliga noch ohne Assistenten das Spiel leiten muss. Sechs Augen sehen bekanntlich mehr als zwei und Linienrichter können sich gerade für Abseitssituationen deutlich besser positionieren. Darum bin ich persönlich grundsätzlich kein Fan von Abseitsfallen oder ähnlichem im Amateurbereich. Wer sich keine Vorwürfe machen will, muss zwingend über jede Spielsituation die volle Kontrolle übernehmen.
Mit einem Tor Rückstand ging es in die Kabine. In Spielen, in denen man eigentlich die bessere Mannschaft ist und trotzdem hinten liegt, ist die psychologische Arbeit besonders schwierig. So machte ich nochmal meinen Standpunkt zum Thema Abseits klar, ehe ein Lob für die gute erste Halbzeit folgte. Schließlich waren wir dominant und konnten trotz des hohen Pressings immer wieder unsere Spielerinnen im Zentrum frei machen und so unsere Angriffe aufbauen. Für die zweite Hälfte brauchten wir aber zwingend mehr davon – mehr Angriffe und vor allem mehr zielstrebige Aktionen in Überzahl. Doch die herzustellen war in Halbzeit zwei nahezu unmöglich.
45 Minuten Einbahnstraßenfußball
Wenn ein Spiel nur in eine Richtung geht spricht man gern von „Einbahnstraßenfußball“. In diesem Fall würde „Sackgassenfußball" jedoch eher zutreffen: Kutenhausen stand nun enorm tief und ließ uns komplett in die gegnerische Hälfte vordringen. Bis zirka 20 Meter vor dem Strafraum lief der Ball gut. Wir spielten immer wieder Lockbälle ins Zentrum und versuchten so Lücken im Abwehrblock zu reißen, doch es half nichts. Wir wurden häufig auf den Flügel verdrängt und sahen im vollgepackten Strafraum schließlich in Unterzahl kein Land. Nur zweimal konnten wir uns nach scharfen Vertikalpässen in die Box vorarbeiten, wo die Verarbeitung der ohnehin scharf gespielten Bälle unter enormen Gegnerdruck so schwierig war, dass kein zwingender Torabschluss zustande kam. Für die letzten zehn Minuten holten wir dann die ungeliebte Brechstange raus und stellten auf Dreierkette um. Immer wieder versuchten wir es mit langen Bällen und probierten so viel Unordnung wie möglich zu stiften, um irgendwo eine Lücke zu finden – doch auch das sollte nicht helfen. Die Zeit rannte gegen uns, bis der Pfiff des Schiedsrichters schließlich die Partie beendete.
Schon gewusst?
Die Maße des Spielfeldes und der Spielgeräte wurden ebenso wie die Regeln und die Spielzeit auf Basis der Durchschnittswerte von Männern (Körpergröße, Kraft, Energiebereitstellung etc.) festgelegt. Um nachvollziehen zu können, wie sich beispielsweise das Schlagen von Eckbällen und der anschließende Kopfball für Frauen anfühlt, müssten Männer mit einem Fußball spielen, der das Gewicht und die Größe eines Basketballs hat.