9
S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 6 / 2 0 1 2
dsrichter-Sache
Beispiel, dass angeblich der Vierte Offizielle fest-
etwa der Vierte Offizielle die Funk-
tion eines Zeitnehmers (wie in
anderen Sportarten üblich) ausübt.
Auch einem Stadionsprecher ist es
nicht gestattet, in dieser Hinsicht
irgendwelche Ansagen zu machen.
Beim entscheidenden Relegations-
spiel zur Bundesliga zwischen For-
tuna Düsseldorf und Hertha BSC
Berlin am Ende der vergangenen
Saison gab es eine solche Situa-
tion. Werfen wir noch einmal unter
dem Aspekt der Nachspielzeit
einen Blick auf dieses Spiel, des-
sen sportjuristische Folgen ja
längst abgeschlossen sind.
Schiedsrichter Wolfgang Stark
hatte eine Nachspielzeit von sie-
ben Minuten durch den Vierten
Offiziellen Markus Wingenbach
anzeigen lassen. Diese Dauer war
entstanden aus:
einer dreiminütigen Unterbre-
chung (Minute 60 bis 63) wegen
des Werfens und Abbrennens
von Pyrotechnik
und der aus der übrigen
2.
Halbzeit notwendigen Nach-
spielzeit von vier Minuten.
Hertha BSC fehlte beim Spielstand
von 2:2 noch ein Treffer, um in der
Bundesliga bleiben zu können. Es
kam also auf jede Sekunde an. Als
Düsseldorfer Zuschauer den Platz
stürmten und Wolfgang Stark das
Spiel vor dem Abstoß des Hertha-
Torwarts unterbrach, waren genau
5:58
Minuten der angezeigten
Nachspielzeit vergangen.
Die nun folgende Unterbrechung
dauerte 21 Minuten. Dann war das
Spielfeld soweit geräumt, dass
eine Fortsetzung des Spiels mög-
lich war. Ob die zwischenzeitliche
Ansage des Stadionsprechers
(„
verbleibende Spielzeit: zwei
Minuten“) bei der Räumung hilf-
reich war, lässt sich nicht einschät-
zen. Auf jeden Fall war sie nicht
gestattet und führte möglicher-
weise bei den enttäuschten Berli-
nern nach dem Spiel zu der Annah-
me, sie seien vom Schiedsrichter
um eine noch verbliebene Spielzeit
gebracht worden.
Vom Abstoß des Torwarts als
Spielfortsetzung bis zum Schluss-
pfiff vergingen dann eine Minute
und 27 Sekunden. Die gesamte
Nachspielzeit betrug also 7:25
Ungewöhnlich: Sieben Minuten Nachspielzeit ließ Schiedsrich-
ter Wolfgang Stark in Düsseldorf anzeigen.
Bevor der Vierte Offizielle auch in der 2. Bundesliga eingeführt
wurde, zeigten die Schiedsrichter – wie hier Stefan Lupp – die
Nachspielzeit mit den Fingern an. So ist es in allen anderen
Spielklassen immer noch.
Minuten – mithin fast eine halbe
Minute mehr als angezeigt, was
aber bedingt durch weitere Zeit-
verzögerungen während dieser
sieben Minuten gerechtfertigt und
regelkonform war.
Natürlich stellten die Dauer und
der ungewöhnliche Ablauf dieser
Nachspielzeit eine Ausnahmesitua-
tion dar, weswegen man Wolfgang
Stark und seinem Team ein großes
Kompliment machen muss, wie
ruhig und regelsicher dieses Spiel
über die Bühne gebracht wurde.
Fassen wir noch einmal die wich-
tigsten Punkte der Nachspielzeit
zusammen:
Nur der Schiedsrichter legt die
Dauer der Nachspielzeit fest.
Verloren gegangene Spielzeit
muss er nachspielen lassen.
Vergeudete Spielzeit kann er
nachspielen lassen, er muss
dabei – wie oben beschrieben –
die Vorteil-Bestimmung beachten.
Die Nachspielzeit ist jeweils der
Halbzeit anzuhängen, in der sie
entstanden ist.
Sie ist eine Mindest-Angabe und
kann aufgrund von weiteren
Spielverzögerungen verlängert
werden.
Der Vierte Offizielle hat selbst
keine Entscheidungsbefugnis.
Seine Anzeige per Elektronikta-
fel ist lediglich ein Service für
alle Beteiligten.
Und natürlich auch für die Fern-
seh-Reporter.