Teil 5: Ein Schritt in die richtige Richtung
Viele Top-Teams, keine klaren Favoriten
Nach sechs Spieltagen beträgt der Vorsprung der Erstplatzierten auf die Tabellenachten nur vier Punkte. Hauenhorst führt aktuell die Tabelle mit 14 Zählern an, dicht gefolgt von Gütersloh und Rhade mit je 13, sowie Kutenhausen und Ibbenbüren mit je zwölf Punkten. Auf den Plätzen Sechs bis Acht stehen Herford, Emsdetten und wir mit zehn Punkten. Genau wie wir haben auch schon andere Top-Teams überraschend Punkte liegen lassen, weshalb es an der Spitze immer noch extrem eng ist. Wöchentlich sind große Sprünge möglich und jeder Patzer der Konkurrenz will ausgenutzt werden. Dazu muss aber zwingend im Vordergrund stehen, dass wir die eigenen Leistungen endlich stabilisieren und anfangen konstant zu punkten. Nach zwei Siegen und zwei Niederlagen aus vier Spielen haben wir damit in den letzten beiden Spielen langsam aber sicher anfangen können.
Zuhause ungeschlagen - auch gegen die Spitzenreiterinnen
Am fünften Spieltag gastierte die Reserve der Zweitligamannschaft des FSV Gütersloh bei uns am Wacker. Zu diesem Zeitpunkt stand die Mannschaft aus Ostwestfalen an der Tabellenspitze und stellte die Toptorjägerin der Liga. Dementsprechend standen die Gäste als Favoritinnen fest, wenngleich wir nach zwei Heimsiegen um unsere Stärken wussten. In den vergangenen Spielen haben leider oft Unkonzentriertheiten und vermeidbare Fehler zu Gegentoren geführt, weshalb wir uns vor diesem Spiel noch einmal speziell darauf verständigten, „klare Aktionen" zu spielen und uns nicht zu sehr unter Druck setzen zu lassen.
Direkt nach dem Anpfiff war der Wille dieses Spiel zu gewinnen in der ganzen Mannschaft zu erkennen. Es gab keine Spur von Verunsicherung und so erwischten wir Gütersloh früh auf dem falschen Fuß. Bereits nach den ersten drei Minuten waren wir schon zweimal frei im gegnerischen Strafraum, ließen die Chancen allerdings ungenutzt. Obwohl wir uns vorgenommen hatten, erst einmal etwas tiefer zu stehen und uns auf eine kompakte Defensive zu konzentrieren, nahmen wir den frühen Sturmlauf zum Anlass, die Unsicherheiten der Gegnerinnen zu nutzen und nun doch weiter vorne Druck auszuüben. Gütersloh stabilisierte sich zwar mit zunehmender Spielzeit und holte sich Sicherheit über lange Bälle, konnte diese aber nicht in zwingende Tormöglichkeiten umwandeln. Die gab es dafür weiterhin auf unserer Seite. Immer wieder schafften wir es uns bis in den gegnerischen Strafraum durchzukombinieren, konnten jedoch nicht mit genügend Überzeugung abschließen. Erst nach 25 Minuten gab es die ersten Jubelschreie, als sich eine Bogenlampe ins Tor zu senken schien. Der Schiedsrichter entschied jedoch, dass der Ball nicht hinter der Linie war und so mussten wir zehn weitere Minuten warten, ehe der Ball endlich eindeutig im Netz zappelte. Wieder kombinierten wir uns bis in den Strafraum vor und diesmal blieb unsere Stürmerin nach dem Querleger von Linksaußen vor der Gütersloher Torfrau eiskalt - vediente 1:0 Führung zur Halbzeit.
In der Pause gab es viel Positives zu besprechen. Allerdings mussten wir uns nun auf 45 sehr unangenehme Minuten gegen eine Mannschaft mit großer individueller Qualität einstellen. So brachten die Gäste nach dem Seitenwechsel noch zwei weitere Spielerinnen mit Zweitligaerfahrung auf den Platz. Drei Minuten nach Wiederanpfiff war es dann die eingewechselte Innenverteidigerin, die mit einem perfekten Diagonalball die eingewechselte Rechtsaußen schickte, deren Flanke von unserer Torhüterin unglücklich abgefälscht wurde und vor den Füßen der gegnerischen Stürmerin landete, die nur noch einzuschieben brauchte - 1:1. Mal wieder hat es uns kalt erwischt und mal wieder wäre der Gegentreffer vermeidbar gewesen. Entsprechend unsicher verhielten wir uns in den folgenden zehn Minuten, ehe wir uns einigermaßen stabilisieren konnten. Bis dahin war Gütersloh aber längst zu Hochform aufgelaufen und nun drückend überlegen. Lediglich zwei Kontermöglichkeiten ergaben sich für uns, sodass am Ende ein gerechtes 1:1 auf dem Spielberichtsbogen stand - jede Mannschaft hatte eine Halbzeit klar für sich entschieden.
Der erste Auswärtssieg
Nach zwei Auswärtsspielen ohne Punkterfolg ging es für uns am sechsten Spieltag erneut auf eine Busreise. Diesmal war Donop das Ziel und die Ausgangslage zumindest tabellarisch vielversprechend. Nach zwei Stunden fanden wir uns auf einem Platz wieder, dessen Zustand an der Untergrenze des in der Verbandsliga akzeptablen zu verorten ist. Hoher Rasen, tiefe Löcher. Dazu noch feucht und entsprechend matschig war das Geläuf. Kontrollierten Fußball zu erwarten wäre auf diesem Platz vermessen gewesen, doch meine Mannschaft sollte mich eines Besseren belehren.
Nachdem wir gleich zu Anfang der Partie drei Eckstöße der Gastgeberinnen abzuwehren hatten, konnten wir für den Rest der ersten Hälfte den Takt angeben und uns gefährliche Tormöglichkeiten herausspielen. Unsere Hereingaben in den Strafraum wurden jedoch zunächst noch von einer der beiden starken Innenverteidigerinnen im letzten Moment abgefälscht, oder von der aufmerksamen Torhüterin abgefangen. Nach einer schönen Kombination am rechten Flügel konnten wir uns bis zur Grundlinie durchspielen und mussten den Ball nur noch auf eine der einlaufenden Spielerinnen in den Rückraum ablegen, doch auf dem Weg zum Ball rutschten gleich zwei potenzielle Torschützinnen aus. Auch bei Standards zeigten wir uns wieder gefährlicher als zuletzt und verpassten die Führung nach einer Ecke nur knapp. Letztendlich war es ein toller Dropkick der rechten Außenstürmerin, der aus rund 20 Metern seinen Weg ins Ziel fand und uns die verdiente Führung kurz vor der Pause bescherte.
Nun galt es, die gute Leistung endlich auch in der zweiten Halbzeit zu bestätigen und drei Punkte mit nach Hause zu nehmen. Wir wollten nach vorne aktiv bleiben und fürs Selbstvertrauen bestenfalls nachlegen, blieben aber stets darauf bedacht unnötige Fehler zu vermeiden, um nicht wieder enttäuscht nach Hause fahren zu müssen. So spielten wir uns zwar weitere Tormöglichkeiten heraus und kamen immer wieder gefährlich hinter die Kette, ließen dann aber wieder die Genauigkeit beim letzen Pass und die Zielstrebigkeit beim Nachrücken vermissen. Die Gastgeberinnen bäumten sich nun nochmal auf und bemühten sich um Angriffe, die wir aber allesamt noch vor dem Torabschluss abwehren konnten. Kurz vor Schluss lag uns erneut der Torschrei auf den Lippen: Nach einem tollen Steckpass unserer Spielführerin war die eingewechselte Stürmerin frei durch und netzte eiskalt ein, doch eine vermeintliche Abseitsstellung ließ den Jubel im Keim ersticken.
Wir brauchen Tore!
Trotz des kleinen Aufwärtstrends beschäftigt uns ein maßgebliches Thema weiterhin - Tore: Das, was letztendlich über Erfolg und Misserfolg im Fußball entscheidet, egal wie ästhetisch und kontrolliert der Fußball ist, den man spielt, fehlt uns noch zu häufig. Chancen spielen wir uns zwar in jedem Spiel genügend heraus, doch die Verwertung lässt noch zu wünschen übrig. Und das liegt nicht an der mangelnden Qualität der Angreiferinnen, sondern vielmehr daran, dass wir uns in der Regel noch einmal zu oft den Ball zurecht legen wollen. Sei es die Annahme im Strafraum anstatt mit dem ersten Kontakt entschlossen abzuschließen, oder der Querleger in die Arme der Torfrau anstatt frech auch mal das kurze Eck anzuvisieren. Zielstrebigkeit kommt häufig mit Selbstvertrauen und verlangt eine gewisse Handlungsschnelligkeit und Entscheidungsfähigkeit. Darum fokussieren wir uns im Training zuletzt nicht mehr bloß auf die Spielmuster, die uns zum Torabschluss führen, sondern wollen die Spielerinnen dazu bringen immer häufiger und direkter selbst abzuschließen. Für viele Trainer und Mannschaften ist es über die Jahre zur Gewohnheit geworden bei Torschussübungen spätestens an der Strafraumgrenze abzuschließen. Dadurch werden die Spielerinnen gewissermaßen darauf konditioniert und sehen den Strafraum nicht länger als die goldene Zone, in die es unbedingt einzudringen gilt, sondern als rote Zone, die sie ausbremst. Darum schicken wir unsere Spielerinnen in den ausgewählten Trainingsformen bewusst in den Strafraum und zwingen sie dort nochmal etwas Tempo aufzunehmen, statt abzubremsen und ermutigen sie, möglichst mit dem ersten Kontakt zum Torabschluss zu kommen.
Schon gewusst?
Der durchschnittliche Torhüter in den UEFA-Mitgliedsländern ist 188cm groß. Bei der letzten Frauen-WM ergab sich ein Durchschnitt bei den Torhüterinnen von 173cm Körpergröße. Dazu kommen deutliche Unterschiede in Sprungkraft und Spannweite. Weil Spielfeld und Tore jedoch genauso groß wie bei den Männern sind, unterscheidet sich das Torwartspiel bei den Frauen deutlich von dem der Männer, um Nachteile aufgrund der geringeren Körpergröße auszugleichen.