Teil 20: Das Pokalsiegerinnen-Spezial
Das leidigste aller Themen
Die Favoritenrolle ist nicht gerade die dankbarste im Sport. Es ist schwierig alles richtig zu machen, wenn auf der einen Seite die Erwartungen hoch sind und auf der anderen Seite stets ein Hauch von Missgunst mitschwingt. Die Hoffnung auf eine „Sensation" war bei denen, die es nicht mit Wacker Mecklenbeck halten, über die gesamte Kreispokal-Saison zu spüren. Egal wie die Spiele gelaufen sind - so richtig recht konnte man es niemandem machen:
Nur 2:0 gegen eine Bezirksliga-Mannschaft gewinnen? Zu wenig! In der nächsten Runde dann ein 6:0 Sieg über einen weiteren Bezirksligisten? Schon eher standesgemäß, aber: „Der Lupfer zum 6:0 hätte nicht sein müssen. Da kann man ja auch einfach schieben, anstatt die Torhüterin so vorzuführen". Im Halbfinale war es dann fast so weit mit der Sensation. 1:0 hinten liegend, retteten wir uns im Derby gegen die Landesliga-Damen aus Amelsbüren mit einem Freistoßtreffer in der Nachspielzeit ins Elfmeterschießen, wo wir uns schließlich souverän durchsetzen konnten. Glück gehabt!
Nun folgte am vergangenen Mittwoch also das langersehnte Finale um den Münsteraner-Kreispokal der Frauen. Dafür waren wir zu Gast bei den Landesliga-Damen der SG Telgte und wurden allein wegen dieser einen Spielklasse Unterschied natürlich als Favoritinnen gesehen. Im heimischen Stadion gab es für die Damen aus Telgte daher nur ein Ziel: Alles tun, um uns zu Fall zu bringen und die Saison ordentlich zu vermiesen.
Zähe Kost
Und wie man das als Underdog eben meistens so macht, hatten die Gastgeberinnen auch für dieses Spiel eine defensive Marschroute vorgegeben bekommen. Schon die ganze Pokal-Saison über hatten wir es immer wieder mit Gegnerinnen zu tun, die sich vollends aufs Verteidigen konzentrierten und so die Chance auf den Lucky-Punch, oder zumindest das Elfmeterschießen bewahren wollten. Ein völlig legitimer und nachvollziehbarer Ansatz, der uns und die Zuschauer jedoch ein ums andere Mal einiges an Nerven kostete.
So kam auch in diesem Finale keine wirkliche „Endspiel"-Stimmung auf. Die Rollen waren klar verteilt und wir rannten an, während der Gegner mit Leib und Seele das eigene Tor verteidigte. Leider schafften wir es nicht, trotz gefühlter 97% Ballbesitz, einen frühen Treffer zu landen, der die Dynamik des Spiel etwas auflockern hätte können. Zwar kamen wir in den ersten 20 Minuten zu einigen nennenswerten Tormöglichkeiten, doch diese wurden entweder herausragend von der gegnerischen Torfrau entschärft, oder leichtfertig von unseren Angreiferinnen vergeben.
Es gelang uns immer wieder das geringe bisschen Tiefe hinter der Kette zu finden und bis zur Grundlinie durchzubrechen, doch bei den Hereingaben in den Strafraum waren wir stets deutlich unterbesetzt. In der Folge fiel der erlösende Treffer kurz vor Ende der ersten Hälfte schließlich aus rund 20 Metern, nachdem wir zuvor gegen den starken Defensivverbund im Strafraum nicht zum Abschluss kamen. Dafür war der Rückraum verhältnismäßig frei und meine Kapitänin brachte das Schiff schließlich auf Kurs.
Arbeit und Lohn
Dieses Bild reproduzierten wir zum Leidwesen der Zuschauer auch in der zweiten Hälfte. Wir taten bedeutend mehr für das Spiel, liefen immer wieder an und spielten uns Chancen heraus, deren Verwertung aufgrund der vielen Beine im Strafraum schwer fiel. Und wenn es kein Bein war, dann retteten Latte, Pfosten und unsere eigene Schlampigkeit den Gegner vor einer deutlicheren Niederlage. Erst in der zweiten Minute der Nachspielzeit konnten wir mit einem Kopfballtreffer zum 2:0 Endstand einen Schlusspunkt setzen und kurz darauf ausgelassen den Pokalsieg feiern. Ausgelassen vor allem deshalb, weil diese Last, die einem als Favoriten auf den Schultern liegt, endlich abfiel. Auch wenn man den eigenen Ansprüchen und denen der Zuschauer vielleicht nicht 100% gerecht werden konnte - das Ziel war erreicht und das hochverdient. Nicht nur weil wir in diesen 90 Minuten die klar bessere Mannschaft waren und mehr für das Spiel taten, sondern weil die Mannschaft schon in der gesamten Spielzeit viel investiert und geopfert hat.
Die Westfalenliga ist schließlich die vierthöchste Spielklasse bei den Damen. So gesehen also auf einer Stufe mit der Regionalliga bei den Herren. Wer auf diesem Niveau ein Wörtchen mitreden will, muss dementsprechend auch was dafür tun. Bei uns heißt das: Dreimal die Woche Training und am Wochenende dann Spieltage, die bei Auswärtsfahrten gerne mal bis zu acht Stunden des Tages verschlingen. Im Schnitt kommen die Damen so in einer Woche locker auf zwölf Stunden Aufwand, den sie neben Schule, Studium, Arbeit, Freunden und Familie unterbringen müssen. Anders als ihre männlichen Kollegen werden sie für ihren Aufwand jedoch nicht finanziell entschädigt, sondern geben sich mit dem Mindestmaß an Wertschätzung zufrieden: Der Anerkennung durch die Zuschauer und dem drei Absätze langen Zeitungsartikel am Tag nach dem Spiel. Und genau das sorgt für diesen einmaligen Zusammenhalt im Frauenfußball. Es schafft eine Identifikation mit Verein und Mannschaft, die es sonst im Fußball nur noch selten gibt.
Übrigens: Unsere Abwehrchefin und stellvertretende Spielführerin steht nach einer sehr guten Saison zur Wahl für den Titel der „Fußballerin des Jahres" in Münster. Sie kommt inzwischen auf vier Assists in der Liga und erzielte unter anderem den Freistoßtreffer in der Nachspielzeit des Pokal-Halbfinals, der uns den Einzug ins Finale überhaupt erst ermöglichte. Zur Abstimmung geht's hier entlang.