Teil 16: Aus der Not eine Tugend machen
Die Fesseln ablegen
Kreativ und flexibel zu sein macht ohnehin einen nicht unerheblichen Teil meiner Philosophie aus. Zwar fordere ich immer wieder ein kontrolliertes und strukturiertes Spiel ein, doch das bedeutet nicht, dass es auch festgefahren und statisch ist. Die Spielerinnen müssen ihre Positionierung bei wechselnden Spielphasen permanent verändern und neue Räume besetzen. Sie sollen also nicht nur in der Lage sein, dem Spiel in ihrer Komfortzone – beispielsweise an der Seitenauslinie – sondern auch in den Halbräumen, oder gar im Zentrum, ihren Stempel aufzudrücken. Dafür haben wir klare Regeln formuliert, wer sich wann wo aufzuhalten hat und wer mit wem in welchen Situationen die Position tauscht: flexibel, aber strukturiert.
Nun wird es voraussichtlich am kommenden Wochenende beim Auswärtsspiel gegen Fortuna Freudenberg dazu kommen, dass wir die ein oder andere Spielerin „positionsfremd“ einsetzen müssen. Allerdings möchte ich ohnehin weg vom starren Positions-Gedanken, hin zu einem Rollen-Denken, das die Spielerinnen von ihren in der Grundordnung auf der Taktiktafel vorgegebenen Fesseln ein Stück weit befreit. So sollen meine Außenstürmerinnen beispielsweise nicht nur für Tiefenläufe hinter die Kette verantwortlich sein, sondern sich aktiv am Übergangsspiel und dem Angriffsaufbau beteiligen, indem sie Anspielmöglichkeiten im offensiven Halbraum schaffen und in der Lage sind, den Ball auch vor der Kette zielgerichtet zu verarbeiten und weiterzuleiten.
Auch das verleiht unserem Spiel Flexibilität, weil wir nicht darauf angewiesen sind, immer den direkten Weg hinter die Kette zu suchen, sondern geduldig einzelne Spielerinnen aus dem Defensivverbund herausziehen können, um schließlich in einem vielversprechenden Moment zu verlagern und in den Angriff überzugehen. Genau das war der Schwerpunkt der vergangenen Trainingswoche: das Spiel vor der Kette mit anschließender Verlagerung und Übergang in den Angriff.