It’s all about football!
Das Ziel: beste Nachwuchsakademie der Welt
Der Niederländer ist als ‘Head of Coach and Player Development’ seit 2018 für die Entwicklung von Trainern und Spielern der ‘Gunners’ zuständig und auch hierzulande kein Unbekannter: Von 2008 bis 2015 war er in verschiedenen Funktionen sowohl beim DFB wie auch für die TSG 1899 Hoffenheim tätig. Sein Anspruch, den er gemeinsam mit dem deutschen Ex-Nationalspieler und heutigen Akademie-Leiter Per Mertesacker formuliert, könnte höher nicht sein: Arsenal soll mittelfristig die beste Fußball-Akademie der Welt werden.
Die U9 – Referenzteam von Lucassen und Mertesacker
Eine Herzensangelegenheit ist beiden der Kinderfußball. »Mein Ziel ist es, irgendwann sagen zu können, dass ich meine Kinder blind zu Arsenal schicken würde. Beste Fußballausbildung, beste Lebensausbildung, beste akademische Ausbildung. Die Jungs sollen nicht nur denken, dass ein bisschen Kicken reicht. Ich habe hohe Standards: Respekt, Disziplin und Bodenständigkeit. Das sind Herausforderungen, denen ich mich gerne stelle«, sagt Mertesacker.
Die U9-Junioren als jüngste Arsenal-Mannschaft nehmen dabei eine immens wichtige Rolle ein. »Das Team ist unsere erste Truppe, die wir vom Start weg zehn Jahre lang auf ihrem Weg begleiten dürfen«, so Per Mertesacker und Marcel Lucassen unisono. Auch an ihrer Entwicklung will sich das deutsch-niederländische Führungsduo in der englischen Metropole messen lassen.
Im Training arbeiten alle Arsenal-Teams von der U9 bis zur U16 nach einer einheitlichen Spielphilosophie und Coachingmethodik, die indes stets an die jeweilige Altersklasse angepasst wird: Die jüngeren Mannschaften arbeiten jeweils drei Wochen an einem Schwerpunkt, die älteren sechs. Die jüngeren kehren entsprechend schneller wieder zu einem Thema zurück. Die Prinzipien bleiben immer gleich. Nur das Spielfeld ist bei U9 bis U11 etwas kleiner, denn Arsenal will viele Aktionen vor dem Tor kreieren.
Isoliertes Training ist bei den ‘Gunners’ ein Fremdwort – um sämtliche Inhalte fußballspezifisch zu gestalten, ist stets ein Gegenspieler dabei. Die Spielphasen mit Ball, die im Block trainiert werden, lauten ‘Start the attack’, ‘Create the attack’ und ‘Finish the attack’.
Finish the attack
»Finish the attack – also Angriffe abschließen – war auch das große Thema bei unserem Besuch in London. Dieser Beitrag ist mit ‘It’s all about football’ bezeichnet, da die Arsenal-Trainingseinheiten nicht nur ein klaren Bezug zum Wettspiel erkennen lassen, sondern auch die Trainersprache klar, einfach und altersgerecht gehalten war.
Liest sich die Philosophie auf dem Papier auch noch so komplex und wenig greifbar: Auf dem Platz war das Spiel stets der Referenzpunkt und die Sprache der Coaches kindgerecht. So liefen die Teams nicht im 1-2-1-2-1, sondern in einem ‘doppelten Diamanten’ auf; sollten die Kinder Dreiecke bilden, fiel der Begriff ‘Triangel’, und auch aus dem jedem Kind bekannten Playstation®-Spiel ‘Fifa’ wurden Begriffe verwendet.
Diese bewusst eingesetzte bildhafte Sprache vereinfacht den Kindern, komplexe Vorgänge zu begreifen. Darüber hinaus hielten sich die Trainer verbal stark zurück und überließen den Kindern das Spiel, was ihrem Chef Marcel Lucassen gefällt: »Einen ständig coachenden Trainer vergleiche ich gerne mit einem Zug. Fährt der Zug nur einmal am Tag am Platz vorbei, schauen alle Kinder genau hin. Kommt der Zug allerdings alle zehn Minuten, interessiert sich niemand mehr für ihn. Wir fördern den ersten Trainertypen, denn sein Wort hat Gewicht!«
Trainingseinheit der U9-Junioren
Schwerpunkte dieser Trainingseinheit
- Richtige Entscheidungen in der gegnerischen Hälfte treffen.
- Mit dem Ball ‘reisen’ (dribbeln), um Torchancen zu kreieren.
- Den Ball ‘reisen’ lassen (zusammenspielen), um Torchancen zu kreieren.
- Unter Druck abschließen (physisch und mental).
- Anbieten und Freilaufen und offene Räume kreieren.
Lernerfolge dieser Trainingseinheit
- Der Spieler weiß, wann er mit (Dribbeln) und wann er ohne Ball (Passen/Freilaufen) Ball agieren muss!
- Der Spieler kennt den richtigen Zeitpunkt zum Ausführen einer Technik!
- Der Spieler weiß, wann, warum und wie er unter Druck abschließt!
- Der Spieler schärft das Bewusstsein für Mitspieler in aussichtsreichen Positionen!
Trainingseinheit der U11-Junioren
Coach Lewis Goater:
»Die Spieler der U11 ‘starten’ montags von 17:30 Uhr bis 20 Uhr in die Trainingswoche. Wenn sie nach der Schule am Trainingsgelände ankommen, haben sie die Möglichkeit, in der Kantine zu essen. Wir wissen es zu schätzen, dass einige Jungs direkt aus der Schule kommen, und wir möchten, dass sie bei ihrer Ankunft erst mal abschalten können. Dazu haben wir einen Raum mit verschiedenen Spielen und Konsolen ausgestattet und lassen sie einfach entspannen. Übliche Trainingstage sind Montag, Mittwoch und Freitag. Samstags ist frei und am Sonntag steht ein Spiel an. Wir spielen in keiner Liga, haben uns aber mit benachbarten Klubs zusammengetan, um regelmäßig unter Wettkampfbedingungen testen zu können. So treffen wir auf Vereine wie Chelsea, Tottenham, West Ham und Watford. Eine solche Woche ist für Jungs in diesem Alter natürlich sehr intensiv. Manchmal sind sie einige Stunden am Trainingsgelände. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass es ihnen auch Spaß macht. Nur so sind sie motiviert und können sich weiterentwickeln.«
Schwerpunkte dieser Trainingseinheit
- Richtige Entscheidungen vor dem gegnerischen Tor treffen: Wann ist ein Rückpass als Torvorlage sinnvoll?
- Sicher kombinieren, um Torchancen zu kreieren!
- Möglichst zielstrebig zum Torabschluss kommen.
- Unter Druck sicher abschließen!
- Anbieten und Freilaufen und offene Räume kreieren!
Coaching: Mit einem Lächeln die Beziehung und die Leistung verbessern
»Für mich gibt es zwei Arten des Coachings: das fußballspezifische und das pädagogische. Als Trainer ist es meine Aufgabe, die Spieler technisch und taktisch zu verbessern. Nach einer Saison muss ich meinem Spiegelbild in die Augen blicken und ihm sagen können, dass jeder einzelne Spieler und das gesamte Team auf dem Platz stärker geworden sind. Aber dann gibt es noch diesen anderen Teil meiner Philosophie, den ich Beziehungsspiel nenne. Es geht darum, eine Beziehung zu den Kindern und auch zu den Eltern aufzubauen. Und dabei hilft mir stets ein Lächeln. Als Trainer fordere ich viel von den Kindern, aber ich trainiere immer mit einem Lächeln. Die Jungs stehen für mich an erster Stelle, Fußball erst dahinter. Manchmal vergessen wir Trainer im Grundlagenbereich, dass es sich um Kinder handelt, mit denen wir arbeiten. Ich bin da sehr sensibel. Ich will positiv sein, glücklich sein. Dann passen das Beziehungs- und das Fußballspiel zusammen.«
Quelle: Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe 01/2020 der Fachzeitschrift Fußballtraining Junior.