Der HSV leitet die jeweiligen Trainingsformen dazu direkt aus dem Spiel ab. Der Gegnerdruck wird dabei immer wieder variiert, sodass die Spieler die unter erleichterten Bedingungen eingeübten Verhaltensweisen auch unter wettspielnahen Voraussetzungen abrufen müssen. Das Ziel: ein möglichst stabiles, auf Prinzipien beruhendes Entscheidungsverhalten. Der sportliche Leiter Sebastian Harms stellte in Ausgabe 9/19 von Fußballtraining die Trainingskonzeption des HSV-Nachwuchses vor. Schwerpunkt der Trainingspraxis: Flügelspiel.
HSV-Junioren: Situationen schaffen, Entscheidungsverhalten verbessern
Klare Strukturen
Der HSV teilt seine Junioren nach Altersklassen in vier Bereiche ein:
- Grundlagenbereich (bis U11)
- Aufbaubereich (U12-U15)
- Leistungsbereich (U16-U19)
- Übergangsbereich (U21)
Die Stufen sind untereinander eng verzahnt, um möglichst reibungslose Übergänge zu ermöglichen. In den ersten Ausbildungsstufen wird eine breite Basis geschaffen, die die Spieler auf die Anforderung im Leistungs- und Übergangsbereich vorbereiten soll. Im Laufe des Leistungs- und Übergangsbereichs sollen die Spieler dann auf ihren Positionen und in den konkreten Spielsituationen der Wettkämpfe mit und gegen den Ball effektiv werden. Die Spieler sollen über ein stabiles Entscheidungsverhalten und optimale technisch-taktische Lösungen unter besonderer Anwendung ihrer sie charakterisierenden Stärken verfügen. Der Übergangsbereich dient zusätzlich der weiteren Verfeinerung und Stabilisierung der Fähigkeiten und Fertigkeiten gegen Seniorenspieler sowie der Begleitung bzw. Vorbereitung des letzten Schrittes in den Lizenzfußball.
Generell ist unsere Ausbildung im sportlichen Bereich darauf ausgerichtet, im Rahmen einer gemeinsamen Spielidee und Trainingskonzeption jeden einzelnen Spieler über die Jahrgänge hinweg individuell so zu fördern, dass er in seinem Spielstil und seinem individuellen Profil zur maximalen Leistungsentfaltung kommt.
Grundsätze und Prinzipien
Beim HSV wird der Ausbildungsfußball vom reinen Ergebnisdenken des Seniorenfußball separiert. Obgleich bei der Entwicklung von Leistungssportlern Erfolgserlebnisse und demnach Siege von großer Bedeutung sind, wenden die Nachwuchstrainer altersgerechte Mittel und Methoden an. Der sportliche Ansatz ist klar selbstorientiert: Es wird viel Wert auf die technische Ausbildung der Spieler gelegt, die zu einer konstruktiven Spielweise beiträgt. Somit steht das Spiel mit Ball im Vordergrund, doch auch gegen den Ball sind Aktivität und Initiative gefragt, um diesen möglichst schnell wieder in die eigenen Reihen zu bringen - Fehler gehören dabei zum Lernprozess dazu.
Trainingsmethodisch geht es darum, in den konkreten Spielräumen so zu trainieren, wie es das Spiel fordert. Die Organisationsformen und Druckbedingungen variieren auch während einer Einheit häufig, um die Spieler sowohl motorisch als auch kognitiv durchgehend in einem aktiven Lernzustand zu halten. Auch die Einbindung von Bildern (Spiel-, Einzel- oder Trainingsanalyse) ist ein wichtiges methodisches Mittel. Zudem ist elementar, dass sich die Trainer in erster Linie als Ausbilder der Spieler verstehen und entsprechend agieren. Häufig ist ein wenig Geduld gefragt, unterschiedliche konstitutionelle Voraussetzungen müssen berücksichtigt werden und auch die Coaching-Methodik muss variieren, um die Spieler immer wieder neu zu erreichen und in den Lernprozess einzubinden.
Lernziele in allen Altersklassen
Grundsätzlich soll altersgerecht und nah am Spiel trainiert werden. Für den Aufbaubereich werden sowohl im Mannschafts- als auch im Individualtraining Lernziele festgelegt, welche die Spieler am Ende dieser Ausbildungsstufe erreicht haben sollen. Unterteilt wird in die Bereiche Technik, Taktik, Athletik und Mentalität. Insbesondere die Grundtechniken, breite Spielerfahrungen, ein gutes Niveau der koordinativen Fähigkeiten und die grundlegenden Fähigkeiten im Bereich der Individual- und Gruppentaktik sind hierbei elementar.
Im Leistungsbereich wird diese Systematik dahingehend fortgesetzt, dass die erworbenen Grundlagen weiter verfeinert und perfektioniert werden. Ziel ist, dass die Spieler diese Grundlagen flexibel in und gegen verschiedene Spielsysteme in den konkreten Räumen anwenden können. Mit zunehmendem Alter rücken die athletischen, mentalen und auch die gruppen- und mannschaftstaktischen Verhaltensweisen stärker in den Mittelpunkt der Arbeit. Die individuellen Trainingsanteile werden positionsspezifischer und haben zum Ziel, dass die Spieler am Ende über charakterisierende Stärken verfügen, die sie zu etwas Besonderem machen. Die Spieler werden fortan aktiver in ihren Ausbildungsprozess eingebunden, sodass sie an vielen Entscheidungen beteiligt sind, mitdenken und Verantwortung übernehmen lernen. Für die Mannschaft und das Training, aber auch für sich selbst und den Grad der Entfaltung ihres Talents.
Der Beitrag über die Trainingsmethoden der HSV-Junioren erschien in der Ausgabe 9/19 von Fußballtraining. Er enthält weitere Trainingsformen zum Flügelspiel. Die Ausgabe kann hier nachbestellt werden.
Fußballtraining: Die Zeitschrift für Trainer!