Hajduk's B-Team: Zwischen Talententwicklung und Profifußball
Das Trainerteam im Interview
Fußballtraining: Martin, siehst du einen Unterschied zwischen der Zusammenarbeit mit deutschen und der mit kroatischen Spielern?
Martin Rafelt (MR): Es gibt Klischees, die auf jeden Fall zutreffen, aber natürlich großen Schwankungen unterliegen. Beispielsweise ist unser kroatischer Innenverteidiger der vielleicht deutscheste Spieler, den ich je gesehen habe: Er überzeugt durch seine Mentalität, arbeitet pausenlos an sich, ist kritikfähig – in Deutschland wäre er ein echtes Vorbild. Was mir am kroatischen Fußball so gut gefällt, ist, dass die Spieler extrem ‘competitive’ sind. Sie lieben es einfach, herausgefordert zu werden, stellen sich diesen Aufgaben und zeigen nur selten Angst. Im Spiel gegen eine ‚Übermannschaft’ findest du kaum einen Kroaten mit der Einstellung, möglichst wenig Gegentore kassieren zu wollen. Die sind dann alle heiß und wollen sich mit den Besten messen. Wenn sie richtig gefordert werden, sind sie erst gut. Das ist einfach ein toller Motor für die Entwicklung und so können sich Grenzen immer wieder verschieben. Umgekehrt aber lassen sie sich in Situationen, die sie nicht so fordern, häufig hängen und sind nicht richtig bei der Sache. So hatten wir Spiele gegen Gegner, in denen wir bereits nach wenigen Minuten wussten, das Ergebnis könnte heute zweistellig werden. Zur Halbzeit stand es dann aber 1:0, weil wir uns dem gegnerischen Spiel angepasst haben.
Da lässt sich das Sprichwort vom guten Pferd, das nicht höher springt, als es muss, anbringen …
MR: Ja, das passt durchaus. Darüber hinaus kannst man hier nur schlecht eine Underdog-Rolle einnehmen. Das geht in Deutschland besser, ist auch stärker verbreitet und sorgt manchmal für Motivation, wenn man sich z. B. die Ergebnisse im DFB-Pokal anschaut. Die Kroaten wollen erst mal sehen, dass jemand wirklich besser ist als sie selbst. Das ist eine etwas andere Art von Selbstverständnis.
Mario Despotovic (MD): In Kroatien stellt man besseren Gegnern einfach gerne Fallen und dann feiern wir uns für einen knappen Sieg. Ich kann mich an kein Team erinnern, das zu uns gekommen ist und davon ausging, ohne Punkt wieder nach Hause zu fahren. Alle versuchen, immer zu gewinnen und haben einen Plan. Wir sind das junge, talentierte Team, also werden wir erst mal von den erfahrenen Hasen provoziert – teilweise sehr übel. Das überrascht uns zwar nicht mehr, ist aber eine offensichtliche Strategie, uns aus dem Konzept zu bringen. Zudem werden wir ständig über den ganzen Platz manngedeckt. Das ist Wahnsinn. Dass man einfach im Mittelfeld auf einen Pressingtrigger wartet, ist sehr selten der Fall. Es geht eher voll vorne drauf, was dazu führt, dass es etwas wilder wirkt. Und wenn man mit zwei Treffern führt, gibt der Gegner meist auf. Da unsere Spieler dann auch nicht mehr alles geben, dümpelt das Spiel vor sich hin.
Martin, wie sieht dein Aufgabenfeld aus?
MR: Zu Beginn meiner Anstellung war ich vornehmlich Marios Co-Trainer und stand zudem auch allen anderen als Analyst zur Seite. In dieser Zeit habe ich sehr viele Gespräche mit den Akademietrainern geführt und nachgehakt, welche Ideen sie haben, wo sie Bedarf sehen, ob es bestimmte Gegner gibt, die ich analysieren soll. Der eine oder andere hatte ein taktisches Problem mit der Mannschaft. Das haben wir uns gemeinsam angeschaut und überlegt, wie wir es lösen können. Es war von Anfang an ein sehr offener Austausch und ich nahm quasi die Rolle eines akademie-internen ‚Consultants’ ein. Für mich war das ein toller Einstieg. Das Profil hat sich mit der Zeit jedoch gewandelt und so bin ich derzeit vornehmlich in der Rolle als Co-Trainer des B-Teams und Head of Tactical Analysis & Planning aktiv, indem ich das Spielmodell des Vereins weiterentwickle und die Trainer weiterbilde.
Da spielt sicherlich auch der zeitliche Aspekt eine Rolle?
MR: Ja. Wir haben im B-Team mit der Analyse der Spiele und Spieler sowie dem üblichen Traineralltag sehr viel zu tun. Aber parallel dazu versuche ich ohnehin immer, mich auch persönlich weiterzuentwickeln, strukturiere theoretische Inhalte und sammle Informationen.
MD: Ich glaube, wir übertreiben es im Moment fast etwas mit dem B-Team. Wir sind täglich von 9 bis 17 Uhr auf der Anlage, beschäftigen uns ausschließlich mit diesem Team und der Weiterentwicklung unserer Spieler. Der Aufwand lohnt sich. Wir konnten das Niveau mit der Zeit in vielen Teilbereichen deutlich steigern. Martin ist hier äußerst umtriebig. Bei den Individualanalysen mit jedem einzelnen Spieler teilen Martin und ich uns auf, jeder kümmert sich somit um eine Hälfte der Mannschaft und führt Einzelgespräche. Dann geht es zum Ende der Woche schon in die Gegner vorbereitung und um unseren Matchplan. Von daher kommt Langeweile wirklich nicht auf.
Den kompletten Beitrag über das B-Team von Hajduk Split lest ihr in der Fußballtraining-Ausgabe 9/20. Eine digitale Version der Ausgabe lässt sich hier nachbestellen.