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DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
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ableiten: Emotionale Anforderungen sind wichtig; sich
beispielsweise zu freuen oder genauso auch mal zu är-
gern; aber das System braucht zwischendurch Erho-
lungszeiten. Es ist salopp gesprochen notwendig, hin
und wieder etwas Langweiliges zu machen. Diesem Ge-
danken nach wäre gelegentlich auch monotones Trai-
ning wichtig; ebenso wichtig wie Spaß zu haben oder
Leistungsdruck zu spüren. Monotone Trainingsphasen
ermöglichen es somit den Spielern, ihr emotionales Sys-
tem zu erholen und hiermit ihr Bewältigungspotenzial zu
stabilisieren.
Es geht darum, dass wir ein emotionales Gleichgewicht
besitzen, um das herum wir unsere emotionale Lage be-
wegen, dass bei allen Aktivitäten und Beanspruchungen
in letzter Konsequenz aber nicht aus dem Lot gebracht
werden sollte (Abb. 1).
Wenn die Beanspruchungsphasen und die Anpassungs-
phasen als Regenerationszeitraum sich regelmäßig ab-
wechseln (Adaptation), ist das emotionale Gleichgewicht
sichergestellt. Besteht ein Missverhältnis zuungunsten
der Anpassungsphasen (Maladaptiver Prozess) kommt
es zu einer Störung der Emotionalität bis hin zur
Depressivität oder dem Burnout.
Indizien für maladaptive Prozesse: Psycho-
somatische Auffälligkeiten im Kaderfußball
In meiner eigenen Arbeitsgruppe haben wir in einer Stu-
die 1.021 Fußballauswahlspielerinnen der verschiedenen
Leistungsklassen von U15 bis U21 anhand von Kurzfrage-
bögen nach psychosomatischen Auffälligkeiten befragt.
Daraus geht hervor, dass in den jeweiligen Altersklassen
3-5%
der Spielerinnen sehr stark ausgeprägte Stress-
symptome bzw. Stressreaktionen aufweisen, die über-
wiegend mit emotionaler Dysbalance verbunden sind.
Solche Befragungen sind wichtig, um Hinweise für Über-
beanspruchungsphänomene zu bekommen.
Man sieht auch, was insbesondere für junge Sportler ty-
pisch ist, dass Müdigkeit ein besonderes Problem dar-
stellt. Aus einer Befragung von 341 NRW-Kaderathleten
geht hervor, dass die Athleten sehr häufig Probleme mit
dem Einschlafen, dem Durchschlafen und dem Wieder-
einschlafen haben. Dies ist nach meiner Auffassung ein
wichtiges Indiz für eine emotionale Dysbalance über
in erhöhtem Maß freigesetzt. Ferner war hieran auch die
Erhöhung von Adrenalin und Nordanin geknüpft. Die Ein-
schränkung von freiheitlicher Bewegung führte also bei
den Ratten zu einer körperlich messbaren Stressreak-
tion, einer Veränderung des ACTH-Spiegels und weiter-
führender Veränderungen.
Zu Beginn der Reizung (im Rahmen der sogenannten
Alarmreaktion) kam es zu einer Supprimierung bzw.
Hemmung des Bewältigungspotenzials, das heißt der
ACTH-Spiegel sinkt. Dann stieg der Spiegel an und blieb
eine gewisse Zeit konstant (Resistenzphase). Dies zeigt
eine Adaption, eine Anpassung an beispielsweise eine
hohe emotionale Beanspruchung, bis das System irgend-
wann bei fehlenden Erholungsphasen erschöpft ist. Die-
se körperliche Erschöpfung im Experiment von Selye
und die vorhergehenden Mechanismen sind gewisser-
maßen mit dem Phänomen des Burnout gleichzusetzen.
Mittels Burnout-Fragebögen kann festgestellt werden,
dass es zur körperlichen, aber auch emotionalen Er-
schöpfung kommt; eine Folge des über lange Zeit auf
Hochtouren laufenden emotionalen Systems. An dieser
Stelle lässt sich bereits eine Konsequenz für die Praxis
ABB. 1
FEINANPASSUNG
(
Adaptation, Maladaptation)
Adaptiver Prozess
Maladaptiver Prozess
Emotionales
Gleichgewicht
Bean-
spruchungs-
phase
Anpassungs-
phase