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DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
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dungswege Bürokauffrau, Physiotherapeutin und Sport-
studium oder Karrierewege bei der Bundeswehr und der
Polizei. Möglicherweise indiziert dies eine rollenbedingte
Begrenzung beruflicher Optionen und müsste die Pla-
nung und Beratung gemäß der Potenziale und Neigun-
gen der Spielerinnen ggf. auch stärker individualisiert,
müssten Zugänge zu alternative Berufswegen und -
chancen erleichtert werden. Ein sogenanntes Erstge-
spräch bei den Laufbahnberatern soll hierzu der Auftakt,
der erste Schritt etwa für Athletinnen und Athleten sein,
denen der Sprung in den C-Kader oder eine U-National-
mannschaft gelang. Ziel ist eine entwicklungsorientierte
Begleitung, eine mehrjährige Karriereplanung, die an
einen Olympia- oder Weltmeisterschaftszyklus gekop-
pelt ist. Im Frauenfußball haben wir die komfortable
Situation, dass die Weltmeisterschaft immer im vorolym-
pischen Jahr stattfindet, wodurch eine optimale Olym-
piavorbereitung und durchgängige vierjährige Karriere-
entwicklung vereinbar sein sollten.
Zu beachten sind besondere Situationen wie ein Ver-
einswechsel inklusive der Berücksichtigung von Fristen,
wodurch sich bestimmte Fragen stellen, z.B. ob ggf. ein
Online-Studiengang sinnvoller wäre, weil die Bindung an
einen bestimmten Studienort entfällt. Bei einem Wechsel
ins Ausland gälte es, die Entwicklungen hinsichtlich der
Europäisierung des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes in
die Überlegungen einer langfristigen Karriereplanung
einzubeziehen usw. Beispielsweise wäre vorstellbar, dass
eine Anja Mittag ggf. nicht nur Torschützenkönigin in
Schweden wird, sondern unter gegebenen Umständen in
disponiblen Zeiten der Sportkarriere auch sozusagen
grenzüberschreitend die Möglichkeit hätte, organisierte
Module einer beruflichen Ausbildung zu nutzen.
oder Vereinszugehörigkeit zum Laufbahnberater des
jeweils betreffenden Stützpunktes.
Von besonderer Bedeutung im Nachwuchsbereich, ca.
2000
Athleten im C-Bundeskader sind Schüler, ist die
Koordination zwischen Schule und Sport. Ohne die Part-
nerschaft mit der Schule ist bundesdeutscher Nach-
wuchsleistungssport nicht möglich. Die Bildungshoheit
befindet sich dabei allerdings auf Landesebene, und so
gibt es 16 verschiedene Schulgesetze, zudem verschie-
denste Grade bezüglich der Selbstbestimmung einzelner
Schulen. Es gibt entsprechend auch kein bundesweit
durchlässiges Bildungssystem, um beispielsweise einen
Standortwechsel sozusagen störungsfrei zu organisie-
ren. Das ist ein Grund gewesen, die Diskussion über Eli-
teschulen anzustoßen. Wir versuchen heute im Bereich
der OSP ein Verbundsystem von Eliteschulen zu ent-
wickeln, das für die duale Karriere optimalere Ausbil-
dungsbedingungen im Vergleich zu herkömmlichen
Schulen bedeutet. Entscheidender Faktor ist die Flexibi-
lisierung des Unterrichtes mit Rücksicht auf die Möglich-
keit des Vormittagstrainings und zwei- bis dreimaligem
Training am Tag, u.a. in der Schule selbst. Der Wechsel
zu einem solchen Standort ist in der Regel mit der Not-
wendigkeit des Besuchs eines Sportinternates verbun-
den. Den Stützpunkten sind 41 solcher Internate zuge-
ordnet, die etwa 3000 durch unterschiedliche Institutio-
nen auf Bundes- und Landesebene geförderte Plätze
vorhalten. Wichtig wäre aus meiner Sicht, dass die Ent-
wicklung der Eliteschulen des Fußballs nicht unabhängig
von der Konzeption der Sport-Eliteschulen vollzogen
wird. Gerade in den neuen Bundesländern hat sich ge-
zeigt, dass die gemeinsame Förderung und Leistungs-
entwicklung in unterschiedlichen Sportarten inklusive
des Fußballs möglich ist.
Trotz aller Zwänge im Rahmen des föderalen Bildungs-
systems ist es wichtig, den Bedarf des Sports deutlich zu
machen. Sollten sich die Bedingungen im Kontext der
öffentlichen Schulen als entwicklungs- bzw. leistungs-
hemmend für Nachwuchssport erweisen, ist es legitim,
auch über private Schulen in der Trägerschaft des
Sports nachzudenken. Diesbezüglich wäre die gemeinsa-
me Initiative aller olympischer Sportarten sinnvoll. In
Berchtesgaden gibt es z.B. die Christopherus-Schule,
eine Privatschule, an der u.a. Mitglieder der alpinen Ski-
Nationalmannschaft das Abitur erlangen können.
Zum Netzwerk der Stützpunkte gehören auch Hoch-
schulen, die z.T. über eine Sportquote einen erleichter-
ten Zugang zu Grundstudiengängen anbieten. Dort ist
eine potenzialgerechte berufliche Weiterentwicklung
nach der Schule auch für Fußballerinnen möglich.
Typisch für die Nationalspielerinnen sind die Ausbil-
Eliteschulen des Fußballs: Ohne die Partnerschaft mit der Schule ist
bundesdeutscher Nachwuchsleistungssport nicht möglich.