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DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
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Die Maßnahmen deuten schon an, dass Compliance nicht
nur die „mechanische“ Abarbeitung der Übungen bedeutet,
sondern auch als zielorientierter „Arbeitsprozess“ kognitiv
erschlossen und psychologisch gestützt werden sollte. Fol-
gende spezifizierte Maßnahmen können genannt werden:
Barrieren identifizieren und ausschalten
Förderung der Selbstwirksamkeitswahrnehmung
Unterstützung einer angemessenen Risikoeinschätzung
und Erfolgserwartung
Bewusstsein über die Gefahr der Non-Compliance
herstellen
Glauben an positiven Therapieeffekt unterstützen
angemessene Zielformulierung
Ferner sind einhergehend verhaltensorientierte struktu-
rierende Maßnahmen zu empfehlen, um eine optimale
Arbeit“ zu gewährleisten:
Handlungs- und Aktionspläne
Wissen über die Erkrankung fördern
Dokumentation des Übens und der Erfolge
Goal Setting Theory => Ziele im Sinne von „SMART“
definieren bzw. vereinbaren:
-
S
(
spezifisch): Was genau soll erreicht werden?
-
M
(
messbar): Wie lässt sich ein Erfolg messen?
-
A
(
attraktiv + abgestimmt):
Welche Vorteile ergeben sich?
-
R
(
realistisch): Ist das Ziel erreichbar?
-
T
(
terminiert): Bis wann soll das Ziel erreicht sein?
Ein solches Konzept findet häufiger im Leistungstraining
Anwendung und eher selten in der Rehabilitation oder
Prävention. Präventionstraining bedeutet in der Regel
flankierende Maßnahmen zum Leistungstraining, denen
es oft an ganz konkreten inhaltlichen und zeitlichen
Bestimmungszielen mangelt, was der adäquaten Umset-
zung schadet. Es besteht also durchaus Optimierungs-
potenzial in konzeptioneller Hinsicht. Das betrifft ferner
die Bewältigung von bestimmten (Kern-)Problemen bzw.
die Vermeidung von Fehlern. So ist etwa das Fehlen
eines positiven Feedbacks als sehr negativ für den
Glauben an den Erfolg der Sache und die Motivation zu
bewerten. Präventionstraining macht schließlich nicht
gleichermaßen Spaß wie Torschusstraining.
Speziell im Fußball ist auch die „Multiple Level Com-
pliance“ ein weiteres Problem. D.h. der Spieler bewegt
sich in einem Netzwerk aus Wissenschaftlern, Vorstand,
Trainer, Spielern, Beratern/Umfeld, in dem viele Abstim-
mungs- und Kooperationsprozesse notwendig sind und
entsprechend eine erhöhte Störanfälligkeit besteht.
lichst exakten Messung stellt sich das Problem der
Schärfe der Compliance-Definition. Denn die Teilnahme
an einer Maßnahme sagt ja noch nichts über die Qualität
der Beteiligung bzw. des Engagements aus. In dieser
Hinsicht bleiben viele Definitionen unscharf, so auch die
der WHO:
„…
das Ausmaß, in dem das Verhalten einer Person, das
Einnehmen von Medikamenten, das Befolgen einer Diät
und/oder das Ausführen von Lebensstiländerungen mit
den vereinbarten Empfehlungen eines Gesundheits-
dienstleisters übereinstimmt“
Compliance ist insgesamt eine allgemeine und keine
sportspezifisches Problematik und Herausforderung. So
wird für die Einnahme von Arzneimittel allgemein eine
Compliance von „nur“ ca. 50% angenommen und 10%
der Gesamtkosten des deutschen Gesundheitssystems
werden der Non-Compliance zugeschrieben.
Maßnahmen im Rahmen des psychosozialen Anforde-
rungsprofils zur dauerhaften Aufrechterhaltung der
Compliance – was wie gezeigt für Präventionsmaßnah-
men, aber auch die Rehabilitation höchst relevant ist –
lassen sich im Modell skizzieren (Abb. 2).
Das Modell verdeutlicht, dass Compliance eine Art dyna-
mischer und multifaktoriell bedingter Arbeitsprozess ist.
Damit sind psychosoziale Anforderungen verbunden,
deren Bewältigung mit unterschiedlichen Barrieren und
Schwierigkeiten assoziiert sein können. Die Aufrecht-
erhaltung und das Gelingen der Compliance bedarf
daher neben der hohen Motivation und Kompetenz der
Sportler und Sportlerinnen auch eines stimmigen Trai-
ningsumfeldes. Damit gelangt man zur Frage nach der
Förderung von Compliance.
Förderung von „Compliance“
Hinsichtlich der nachhaltigen Förderung der Compliance
sind für die Anleitung und Betreuung folgende allge-
meine Prinzipien zu nennen:
einfache Übungen und Übungsanweisungen, die sich
dem Patienten/Sportler in ihrem Sinn erschließen
Einbindung der Übungen in den Alltag
abwechslungsreiches Üben
Einsatz von Remindern
sozialer Support
positives Feedback zwecks Motivation, denn der
Trainings- bzw. Präventionserfolg ist, etwa im Vergleich
mit den sichtbaren Erfolgen beim Leistungstraining,
nicht so offensichtlich, da das Nicht-Verletzen
tendenziell als Normalität eingeordnet und nicht als
Gewinn“ durch Training wahrgenommen wird.
Monitoring