ABB. 3
NEM ZWISCHEN FIKTION UND
WIRKLICHKEIT
2.
DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
1 7 9
abole Steroide und das Stimulans Methylhexanamin. In
den letzten Jahren wurde zahlreiche Sportler wegen po-
sitiver Dopingproben mit Methylhexanamin sanktioniert.
Kreatin ist eines der wenigen NEM, dessen Wirkung wiss-
enschaftlich belegt ist. Als Bestandteil von Kreatinphos-
phat ist es von zentraler Bedeutung bei der alaktazid-
anaeroben Energiebereitstellung. die bei kurz dauern-
den hochintensiven Belastungen oder Intervallbelastun-
gen den größten Teil der Energie liefert. Der Kreatin-
bestand im Körper beträgt ca. 120 g, davon befinden sich
95%
in der Skelettmuskulatur (vorwiegend Typ II-Fa-
sern). Der Tagesbedarf an Kreatin beträgt ca. 2 g und
wird vor allem durch Fleisch und Fisch sowie durch kör-
pereigene Synthese gedeckt. Unter Kreatin wurde eine
Zunahme der Muskelkraft und der Leistungsfähigkeit bei
Intervallsprints nachgewiesen. Was die Ausdauer be-
trifft, sind die Befunde kontrovers.
Wie ist Kreatin aus sportethischer Sicht zu beurteilen?
Ein Verbot erscheint problematisch, denn in diesem Fall
müsste auch auf den Verzehr von Fleisch und Fisch ver-
zichtet werden. Auch Grenzkonzentrationen von Kreatin
werden diskutiert, sind aber wohl schwierig zu handha-
ben. Es bleibt die Verantwortung des Einzelnen – Spieler,
Trainer oder Arzt –, wie man damit umgeht. Eine medi-
zinische Indikation gibt es nicht, denn Sport per se führt
zu keinem behandlungsbedürftigen Kreatindefizit. Da-
rüber hinaus ist zu bedenken, dass in der Vergangenheit
Kreatinpräparate mit verbotenen Substanzen kontami-
niert waren.
Zusammenfassung
Die medikamentöse Therapie des Fußballspielers ist in
den meisten Fällen trotz Dopingliste problemlos möglich.
Eine Therapie mit verbotenen Medikamenten/Methoden
wie Glukokortikosteroiden, Insulin und Infusionen ist
durchaus relevant. Eine Therapie mit inhalativen Beta-2-
Agonisten ist außerhalb der Grauzone, denn ein ergoge-
ner Effekt ist wissenschaftlich nicht nachweisbar.
Eine Therapie mit klassischen Dopingsubstanzen/-metho-
den wie Anabolika, Erythropoese stimulierenden Substan-
zen, Hormonen, Stimulanzien und Bluttransfusionen ist
bei Fußballspielern selten bis nie medizinisch indiziert.
Nahrungsergänzungsmittel sind eine typische Grauzone
im Leistungssport. Die meisten sind unwirksam, eine Aus-
nahme ist Kreatin.
Nahrungsergänzungsmittel sollten auch deshalb zurück-
haltend verwendet werden, weil sie mit verbotenen Sub-
stanzen kontaminiert bzw. versetzt sein können.
Wer viel nimmt, hat im Sport nicht unbedingt mehr
Erfolg!
40%
10%
0
Vitamine
20%
30%
Minera-
lien
AS
Pflanzen-
E. Homöop.
Kreatin
L-
Carnitin
Andere
modifiziert nach Tscholl P et al 2008
te Zufuhr von Kohlenhydraten und Protein in der Nach-
belastungsphase zur Unterstützung der Regeneration
(
siehe hierzu den Beitrag von Andreas Nieß).
Demgegenüber muss die häufig zu beobachtende Poly-
pragmasie mit Nahrungsergänzungsmitteln (NEM)
einschließlich spezieller Präparate wie Kreatin, Pflan-
zenextrakte oder Homöopathika kritisch betrachtet wer-
den. Zur Häufigkeit der Anwendung von NEM im Fußball
gibt es interessante Ergebnisse von der Weltmeister-
schaft 2006 in Deutschland (Abb. 3). Im Mittel, also be-
zogen auf alle 32 teilnehmenden Mannschaften, nahm
jeder Spieler 1,3 NEM pro Spiel. Einige Spieler konsu-
mierten bis zu 10 verschiedene NEM, bei einer Mann-
schaft waren es 7 NEM je Spieler vor jedem Spiel.
Vitamine stehen mit 40% an der Spitze, gefolgt von
Mineralien und speziellen Aminosäuren. Bei den Pflan-
zenextrakten und Homöopathika sind es vor allem Gin-
seng-Präparate. Knapp 10% der NEM entfallen auf Krea-
tin. Auch L-Carnitin wird immer noch genommen, ob-
wohl die behauptete Steigerung der Fettverbrennung
nicht belegt ist. Es gab keinen statistischen Zusammen-
hang zwischen der Anzahl der NEM und dem Erfolg der
Mannschaften.
Die meisten Nahrungsergänzungsmittel sind nutzlos und
halten nicht das, was sie versprechen. Vorsicht ist gebo-
ten, wenn mit einer sensationellen Neuentdeckung oder
geheimen Inhaltsstoffen oder einer schnellen Verbesse-
rung der Leistungsfähigkeit und Gesundheit geworben
wird. Werbung mit Erfahrungsberichten oder mit be-
kannten Sportstars hat nichts mit Wirksamkeit zu tun.
Manche Sportler meinen, sie wären im Nachteil, wenn sie
etwas nicht nehmen, was andere nehmen. Die meisten
NEM sind nicht nur unwirksam, sondern einige waren in
der Vergangenheit sogar mit verbotenen Substanzen
kontaminiert bzw. versetzt. Am häufigsten waren es an-