2.
DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
1 6 7
fen. Am stärksten betroffen sind Krankenschwestern
und -pfleger, gefolgt von Erziehern, Lehrern und Ver-
käufern – also Menschen, die beruflich viel Kontakt mit
anderen Menschen haben.
Neben dem Leid des Einzelnen sind auch die Gesamtkos-
ten für die Gesellschaft enorm. Eine Studie der Allianz-
Versicherung hat ermittelt, dass die Summe der durch
Depressionen verursachten Kosten jährlich 22 Mrd.
beträgt. Diese Summe schlüsselt sich auf in direkte
Krankheitskosten (5,2 Mrd.
),
Kosten durch Mortalität
(1,3
Mrd.
),
durch Erwerbsunfähigkeit (4,6 Mrd.
),
durch Arbeitsunfähigkeit (1,6 Mrd.
)
und durch Präsen-
tismus (9,3 Mrd.
).
Letztere beziffern die geringere
Produktivität von Arbeitnehmern, die an Depressionen
erkrankt sind. Die Gesamtkosten machen annähernd 1%
des Bruttosozialproduktes aus, sind also auch ökono-
misch sehr ernst zu nehmen.
Die gegenwärtigen Tendenzen der steigenden sozialen und
erzieherischen Kosten und Produktivitätsausfälle führen
dazu, dass die Depression 2030 die zweitbedeutendste
ökonomische Belastung hinsichtlich der Weltgesundheit
darstellen wird. Während in den Entwicklungsländern noch
die HIV-Infektionen die führende Rolle einnehmen werden,
liegt dann in den Industrienationen die Depression an er-
ster Stelle, gefolgt von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
Demenzen. Hinsichtlich der Lebensqualität und Behand-
lung Erkrankter ist anzumerken, dass eine
Blickt man insgesamt auf die Gesellschaft, ist nicht zu-
letzt infolge erfolgreicher gesundheitlicher Vorsorge-
maßnahmen in den Betrieben eine Reduzierung der An-
zahl der Arbeitsunfähigkeitstage im Allgemeinen zu ver-
zeichnen. Allerdings liegt eine Verdoppelung dieser Quo-
te in Verbindung mit psychischen Erkrankungen vor. Es
stellt sich die Frage, ob es in der Tat eine Zunahme sol-
cher Erkrankungen gibt oder ob die vermehrten Krank-
schreibungen auf einen offeneren Umgang und eine Ent-
stigmatisierung psychischer Erkrankungen zurückge-
hen. Jedenfalls sind aktuelle Zahlen ziemlich erschüt-
ternd. So nimmt der Anteil psychischer Erkrankungen
unter den Ursachen einer verminderten Erwerbsfähig-
keit, die dann zu einer Frühpensionierung führt, seit
Jahren stark zu. Betraf dies 2000 noch ca. 23% der Fäl-
le, waren es 2009 ca. 37%. Bei Stoffwechselerkrankun-
gen (ca. 4%) und Tumoren (ca. 14%) liegt dagegen eine
gleichbleibende Tendenz vor. Sogar abnehmend sind die
Zahlen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen (von 16% auf
12%)
oder Erkrankungen im Bereich ‚Skelett/Muskeln/
Bindegewebe‘ (von 26% auf 16%).
Auffällig ist weiter, dass die Zahl der Arbeitsunfähig-
keitstage wegen psychischer Diagnosen im Dienstleis-
tungssektor viel stärker zunimmt als in Handwerksberu-
Ligaverband, DFB, Hannover 96 und Theresa Enke bei der gemein-
samen Unterschrift der Stiftungsurkunde der Robert-Enke-Stiftung