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DFB-WISSENSCHAFTSKONGRESS 2013
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Bewegungsanalyse (Kinematik und Kinetik in Hüfte, Knie,
OSG, Landung mit unmittelbarer Drehung/schneller Rich-
tungswechsel am Abwehrspieler vorbei, Drop-Jump-Test)
Anthropometrie
Erhebungen per Fragebogen (u.a. KOOS)
Zwischenfazit
Bisher wurden 354 Fußballerinnen (25 neue ACL-Ver-
letzungen (ohne direkten Gegnereinfluss)) und 486
Handballerinnen (24 neue ACL-Verletzungen) getestet.
Insgesamt sind also 49 neue ACL-Verletzungen zu
registrieren, das entspricht ca. 6% der getesteten
Spielerinnen.
Das Dilemma der Studie ist ein wenig, dass jede weitere
Kreuzbandverletzung den Erkenntnisstand verbessert,
die Studie dies gleichzeitig durch ihre Präventionsinten-
tion aber verhindern möchte. Erfreulicherweise regis-
trieren wir, dass auch die Clubs Präventionstraining
mehr und mehr in die Trainingsroutine einfließen lassen.
Risikofaktoren für Verletzungen der unteren Extremität
In einem Teilprojekt im Jahre 2009 haben wir 173 Spie-
lerinnen der ersten Bundesliga in Norwegen mittels der
vorgestellten kompletten Tests sowie Trainings/Spielda-
ten im Hinblick auf Verletzungen der unteren Extremität
untersucht. Es waren 167 entsprechende Verletzungen
zu verzeichnen (52 Knie, 40 Sprunggelenk, 22 Ober-
schenkel, 28 Unterschenkel/Fuß, 14 Hüfte/Leiste).
Wenn es uns nun gelingt, Risikofaktoren zu extrahieren,
können wir die Präventionsstrategien optimieren.
Fazit
Verletzungen im Fußball können vorgebeugt werden!
Effektive Programme sind vorhanden. Dazu gehören
multimodale Aufwärmprogramme, sensomotorisches
Training und exzentrisches Krafttraining. Ein For-
schungsdefizit besteht aber darin, die Mechanismen zu
verstehen und anknüpfend die besten Übungen zu
bestimmen. In jedem Fall ist die „Compliance” („It only
works if you use it“) ein ganz wichtiger Faktor in der
Verletzungsprävention.
Weitere Innovationen wie Screening, die Identifizierung
von Risiko-Athleten, sind außerdem für optimierte Stra-
tegien vielversprechend.
Ein Erkenntniszuwachs bewirkt insgesamt einen optima-
leren (individuellen) Zuschnitt der Präventionsprogram-
me, was den Zusatzeffekt der zeitlichen Reduzierung
und einhergehenden Attraktivierung hat, um die Compli-
ance zu erhöhen.
Abschließend ist der ethische Aspekt zu erwähnen, dass
das Beachten von Regeln Verletzungen vorbeugt.
Optimierung von Trainingsprogrammen zur
Verletzungsprävention
Wir wissen nicht, abgesehen von den exzentrischen
Komponenten, welche Übungen im multimodalen Trai-
ning am effektivsten sind, welche eventuell überflüssig
sind. Wenn dies besser erforscht wäre, würde das auch
eine Reduzierung der präventiven Trainingszeit bedeu-
ten. Das wiederum würde die Attraktivität des Pro-
gramms erhöhen und einhergehend die Akzeptanz und
die Compliance verbessern.
Wir brauchen ein besseres Verständnis von Risikofakto-
ren und Verletzungsmechanismen, um Trainingspro-
gramme gezielter zusammenstellen, auf die Schwächen
des einzelnen Spielers zuschneiden zu können. In einem
eigenen Projekt setzen wir uns mit solchen Risikofak-
toren auseinander.
Risikofaktoren für ACL-Verletzungen bei Mannschafts-
sportlerinnen – eine Zehn-Jahres-Kohortenstudie
Das Erkenntnisinteresse der Studie liegt darin, die Rolle
von biomechanischen, anatomischen und neuromus-
kulären Risikofaktoren für die ACL-Verletzung zu unter-
suchen. Das methodische Vorgehen ist gewissermaßen
experimentell, es wird über zehn Jahre (2007-2017) in
verschiedener Weise getestet, protokolliert und ausge-
wertet:
2007:
Studienbeginn mit Tests bei Handballspielerinnen
(
Bundesliga)
2009:
Erweiterung auf Fußballspielerinnen (Bundesliga)
jährliches Testen von neuen Spielerinnen (jeweils vor
Saisonstart)
prospektive Registrierung von ACL-Verletzungen bis 2017
Die Testungen finden an der Sporthochschule in Oslo
statt, alle Mannschaften werden für einen Tag eingela-
den. Es gibt evidenz-basierte Testungen an mehreren
Stationen:
Balance- und funktionelle Tests (Einbeinige Kniebeuge
DVJ, Star-Reach-Test, Balance auf der Kraftmessplatte)
klinische Tests (Knielaxität, Flexibilität, Hyperflexibi-
lität, Hüftanteversion)
Kraftmessungen (1 RM Beinpresse, isometrische Hüft-
abduktion, Quad/ham bei 90°/s)
Beispielsweise wird es uns durch Testelemente wie
plötzliches Abstoppen und plötzliche Richtungswechsel
auf einer Kraftmessplatte gelingen, Kräfte und Winkel
in der Beinachse und im Oberkörper in spezifischen
Belastungssituationen zu messen. Besondere Aufmerk-
samkeit genießen die Belastungen im Knie.