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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 4
ihre Schiedsrichter-Karriere plan-
mäßig und zu ihrer Zufriedenheit
verlaufen sei, eine ebenso große
Mehrheit bezeichnete die ver-
bandsinternen Leistungstests als
vollkommen angemessen.
In Hinblick auf Gründe zum Aufhö-
ren befragt, die die noch aktiven
Probanden bei ihren Kollegen mit-
erlebt haben, wurden häufig „Ver-
letzungen“, „berufliche Gründe“,
private Gründe“ oder „Alters-
grenze“ genannt. Bemerkenswert:
Deutlich weniger Schiedsrichter
machten Gewalt auf dem Fußball-
platz für den Rücktritt der ehema-
ligen Kollegen verantwortlich.
In anderen Bereichen sehen die
Forscher jedoch deutlichen Hand-
lungsbedarf. Namentlich in sechs
Themenfeldern gibt es nach der
Auffassung von Eike Emrich und
Christian Rullang Luft nach oben.
Im Fazit ihrer Studie haben die
Wissenschaftler daher diese The-
menkomplexe isoliert und dem
DFB und seinen Regional- und Lan-
desverbänden sechs Handlungs-
empfehlungen unterbreitet (siehe
Kasten). Nun stellt sich die Frage,
wie man diese weiter nutzen kann.
Die Reaktionen
Wir fragen bei einem Mann nach,
der es wissen muss. Helmut Geyer
leitet die im vergangenen Jahr neu
gegründete DFB-Schiedsrichter-
Kommission Amateure. Er kennt die
Studie der Saarbrücker Forscher
und freut sich über den zusätz-
lichen Input aus der Wissenschaft.
Natürlich sind wir über jede Form
von Erkenntnissen dankbar, wenn
es darum geht, unseren Landes-
verbänden bei der Gewinnung und
Erhaltung von Schiedsrichtern zu
helfen. Die Ergebnisse der Studie
haben wir intensiv in unseren Rei-
hen diskutiert und direkt genutzt,
um durch eine Abfrage bei unseren
Landesverbänden einen Überblick
über die bisher eingesetzten
Instrumente zu gewinnen.“
So ist zum Beispiel das von den
Forschern vorgeschlagene „Paten-
Programm“ in vielen Landesver-
bänden schon im Einsatz. Erfahrene
Schiedsrichter unterstützen hier
die jüngeren Kollegen in den
ersten Spielen, um dadurch einen
etwaigen Praxis-Schock zu verhin-
dern.
Dennoch wünscht sich Helmut
Geyer bundesweite Maßnahmen –
gerade auch, um das Image der
Schiedsrichter zu verbessern. „Das
bedarf allerdings einer gründ-
lichen Vorbereitung, die wir inzwi-
schen auch in die Wege geleitet
haben. In naher Zukunft wird eine
Gruppe von Öffentlichkeits-Mitar-
beitern der Verbands-Schiedsrich-
ter-Ausschüsse gemeinsam mit der
Schiedsrichter-Kommission Ama-
teure die Arbeit dazu aufnehmen.“
Auch die anderen Handlungs-
empfehlungen stoßen bei Helmut
Geyer und seinem Team auf Inter-
esse und Zustimmung. Dabei ist
klar: „Wichtig ist, dass es sich bei
der Werbung von neuen Schieds-
richterinnen und Schiedsrichtern
niemals alleine um eine Aufgabe
der Schiedsrichter-Gremien han-
deln kann. Für dieses Projekt sind
wir auch auf die Hilfe der Vereine
und anderer Instanzen angewie-
sen.“
Und: Die richtigen Schlüsse zu zie-
hen, reicht ebenfalls nicht immer
aus. Eine große Rolle bei der
Gewinnung und Bindung von
Unparteiischen spielt stets auch
die Tatsache, wie die Freude am
Hobby vorgelebt wird.
Hier ist Helmut Geyer aber schon
sehr zufrieden. „Die Befragung der
Landesverbände hat ja deutlich
herausgestellt, dass vor allem an
der Basis ungemein viel für die
Schiedsrichterinnen und Schieds-
richter geleistet wird. Feste, Aus-
flüge, Trainingsabende oder Spiel-
besuche sind nur einige Beispiele.
Wir sind stolz auf das hohe Enga-
gement unserer Verantwortlichen
im Ehrenamt!“
Für Nachwuchs steht die Tür dabei
jederzeit offen. Denn, das weiß
Helmut Geyer nur zu genau, eine
Studie allein wird nichts verän-
dern. „Jeder einzelne Schiedsrich-
ter kann daran mitwirken, die
Gemeinschaft zu erhalten und
somit in der Zukunft möglichst
wenige Kollegen zu verlieren. Auch
Professor Eike Emrich setzt
auch 2014 seine Untersu-
chungen rund ums Thema
Schiedsrichter fort.
Wie mit den Ergebnissen der Befragung umzugehen ist, bespricht Helmut Geyer im Kreis der
Obleute und Lehrwarte der Verbände.
in unseren Schiedsrichter-Gruppen
lastet die Verantwortung meist
noch auf wenigen Schultern – jede
helfende Hand ist hier willkommen.“
Ein Ausblick
In Saarbrücken plant man derweil
schon die nächsten Schritte. Eike
Emrich gibt einen Ausblick: „Nach-
dem wir uns in dieser Studie aus-
schließlich mit noch aktiven
Schiedsrichtern beschäftigt haben,
befragten wir in einer weiteren
Studie bereits ehemalige Unpartei-
ische. Hier interessieren uns vor
allem die Bewertung der eigenen
Tätigkeit in der Rückschau und die
Gründe für einen eventuell frühzei-
tig erfolgten Ausstieg.“
Außerdem ist eine Befragung der
Funktionäre im Schiedsrichter-
Wesen geplant, deren Sicht die For-
scher ebenfalls ermitteln und mit
der Sicht der aktiven Referees ver-
gleichen wollen. Dabei ist das Ziel
klar: „Je mehr wir über die Sozial-
figur des Schiedsrichters wissen,
desto zielorientierter können
Suchstrategien entwickelt wer-
den“, sagt Christian Rullang.
Soll heißen: Um die Probleme im
Schiedsrichter-Wesen anzugehen,
um Zufriedenheit zu stärken und
langfristig wieder steigende Mit-
gliederzahlen zu generieren, muss
man ganz genau wissen, wer sie
eigentlich sind – die Unpartei-
ischen in unserem Land.
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