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S C H I E D S R I C H T E R - Z E I T U N G 4 / 2 0 1 4
er sich eingehend mit Schiedsrich-
tern beschäftigt hat. „In meiner
Jugend habe ich selbst aktiv Fuß-
ball gespielt, heute nur noch hin
und wieder mit Freunden. Für die
Welt der Schiedsrichter hat mich
aber erst die Forschung sensibili-
siert – und wenn ich jetzt ins Sta-
dion gehe oder die Berichterstat-
tung in den Medien verfolge, achte
ich schon eher mal auf den Unpar-
teiischen: wie er agiert oder wie er
nachher in der Presse gesehen
wird.“
Auch für Eike Emrich bedeutete
die wissenschaftliche Beschäfti-
gung ein Umdenken: „Man nimmt
Titelthema
Schiedsrichter unter de
Die Zahl der Schiedsrichter wird immer kleiner, Ursachenforschung ist angesagt. Deshalb möchte der D
besser kennenlernen. Und holt sich Hilfe aus der Forschung. Wer sind sie, die Schiedsrichter in Deutsch
Woche für Woche, ihr Hobby auf den Plätzen der Republik? Eine aktuelle Studie ist diesen Fragen nachg
ger stellt die Ergebnisse vor.
S
ommer-Märchen 2006. Acht
Jahre ist es inzwischen her,
dass die Weltmeisterschaft im
eigenen Land Fußball-Deutschland
in ihren Bann zog.
Es waren nicht nur die vielen Fans,
die Fähnchen an den Autos und
der Erfolg der Nationalmann-
schaft, die dieses Jahr im DFB so
erfolgreich machten – auch für das
Schiedsrichter-Wesen war 2006 ein
gutes Jahr. Damals gab es im Deut-
schen Fußball-Bund noch mehr als
80.000
Schiedsrichter.
Der Anlass
In den vergangenen Jahren ist
diese Zahl kontinuierlich gesun-
ken, 2013 waren es nicht einmal
mehr 75.000 Unparteiische. Stellte
man sich die Frage, warum so viele
Schiedsrichter in der jüngeren Ver-
gangenheit die Pfeife an den Nagel
gehängt haben, stieß man zwangs-
läufig auf das Thema Gewalt.
Doch trotz der Übergriffe auf
Spielleiter, trotz der Schlagzeilen
über Spielabbrüche und körperli-
che Attacken: Klare Belege für
zunehmende Gewalt als Auslöser
massenhafter Rücktritte gab es
nicht.
Für den DFB war bald klar: Will man
den Rückgang stoppen, wird es
höchste Zeit, die eigenen Schieds-
richter wieder besser kennenzuler-
nen.
Wer sind die Zehntausende von
Unparteiischen, die seit Jahren,
teilweise Jahrzehnten an jedem
Wochenende bei jedem Wetter ihre
Tasche packen? Was hat sie einst
auf die Idee gebracht, ein Amt zu
übernehmen, das wohl die wenigs-
ten auf Anhieb als Traumjob
bezeichnen würden?
Wo haben sie Probleme, wo liegen
die Schwierigkeiten, was kann der
Verband tun, um seinen Schieds-
richtern ihr schwieriges Amt etwas
zu erleichtern? Warum haben einige
von ihnen nach vielen Jahren die
Nase voll, hängen ihre Pfeife an
den Nagel und werden – auch auf
der anderen Seite, als Beobachter
oder Lehrwart – nie mehr gesehen?
Zwei Wissenschaftler sind diesen
Fragen nachgegangen: Eike Emrich,
Professor für Sportsoziologie und
Sportökonomie an der Universität
des Saarlandes, und sein Mitarbei-
ter Christian Rullang. Im Auftrag
des DFB forschen sie zu den The-
men Gewinnung und Erhalt von
Schiedsrichtern. Anfang des Jah-
res ist ihr Abschlussbericht für das
Jahr 2013 erschienen.
Für Christian Rullang, der das Pro-
jekt als Promotions-Thema bear-
beitet, war es das erste Mal, dass
Wer sind Deutschlands Schiedsrichter? Die Forscher der Universität des Saarlandes haben bei
ihrer Untersuchung genau hingeschaut.
Christian Rullang hat die
Unparteiischen zum Promo-
tions-Thema gemacht.
Das öffentliche Bild
des Schiedsrichters
ist verzerrt.