Interview: Sjoeke Nüsken über Profifußball und die Wintervorbereitung von Eintracht Frankfurt
Über Sjoeke
Das darf in keiner Trainingswoche fehlen:
Das Ausschießen im letzten Training vor dem Spiel.
Meine Lieblingsübung ist:
Eine Über-/Unterzahlspielform im Strafraum auf drei Tore.
Dieser Spieler inspiriert mich am meisten:
Thomas Müller
Das motiviert mich vor dem Spiel:
Gute Musik, aufgelegt von Kabinen-DJane Laura Freigang.
In der fußballfreien Zeit:
Bin ich am liebsten bei der Familie und probiere andere Sportarten aus.
fussballtraining.com: Hallo Sjoeke. Stell dich doch bitte einmal vor und erzähle uns ein bisschen was zu deiner Laufbahn.
Sjoeke Nüsken: Ich bin Sjoeke, 20 Jahre alt und komme ursprünglich aus Hamm. Dort habe ich mit sechs Jahren bei den Minikickern angefangen. Von Beginn an bin ich eigentlich immer in Mannschaften mit Jungs gewesen und konnte das mit einer Sondergenehmigung bis zur A-Jugend durchziehen. 2019 ging es dann für mich in den Seniorinnenbereich zu den Frankfurter Frauen.
Inwiefern hat dich die Zeit bei den Jungs geprägt und dir vielleicht auch dabei geholfen, den Sprung in den Profifußball der Frauen zu schaffen?
Natürlich lernt man bei den Jungs, mit einer gewissen Härte umzugehen und immer im höchstmöglichen Tempo zu spielen. Glücklicherweise kannten sie mich in meiner Mannschaft von klein auf und haben mich stets voll akzeptiert und integriert, sodass ich dabei im Training nie außen vor war und immer entsprechend meiner Stärken eingesetzt und gefördert wurde.
In der Westfalenauswahl und bei den Juniorinnen-Nationalteams hast du den „Mädchenfußball“ kennengelernt. Welche Unterschiede sind dir aufgefallen und was glaubst du, wie sich der Mädchen- und Frauenfußball mit der Zeit verändert hat?
Im Mädchen- und Frauenfußball habe ich vor allem die taktische Komponente als prägend empfunden. Das war die optimale Ergänzung zum physischen Spiel bei den Jungs. Weil aber ohnehin in den Vereinen noch viele Auswahlspielerinnen mit den Jungs gespielt haben, wurde auch im Mädchenfußball die Athletik immer wichtiger.
Wie würdest du dein Spielerinnen-Profil angesichts deines fußballerischen Werdegangs und dieser umfangreichen Ausbildung beschreiben. Wie warst du früher und wie hat sich das vielleicht bis heute verändert?
Ich würde mich grundsätzlich schon als „Straßenkickerin“ bezeichnen. Ich habe auch abseits des Mannschaftstrainings immer gerne mit meiner Schwester einfach so gespielt und dabei vor allem technisch viel dazugelernt. Mir hat der Fußball einfach immer viel Freude bereitet, die ich heute auch immer noch mit Spielwitz und Kreativität auf dem Platz ausstrahle.
Der Frauenfußball wird immer athletischer, da ist die individuelle Arbeit mit den Athletiktrainern und im Kraftraum schon besonders wichtig.
Wie sah es abseits des Platzes bei dir aus? Hast du früher viel im konditionellen Bereich getan und Sonderschichten geschoben?
Nüsken: Krafttraining habe ich gehasst (lacht)! Da ich damals aber auch noch sehr viel Tennis gespielt habe, war da eh nicht besonders viel Zeit für Sonderschichten. Mit dem Vereins- und Auswahltraining war ich, glaube ich, ganz gut aufgestellt.
Und heutzutage?
Nüsken: Ist das natürlich ganz anders. Der Frauenfußball wird immer athletischer, da ist die individuelle Arbeit mit den Athletiktrainern und im Kraftraum schon besonders wichtig. Inzwischen macht mir das aber auch wirklich viel Spaß.
Du sprichst die Athletiktrainer an. Wie sieht der Profifußball der Frauen bei der Eintracht grundsätzlich aus? Welche Einrichtungen dürft ihr nutzen, was wird euch vom Verein gestellt?
Nüsken: Neben den Athletiktrainern haben wir beispielsweise noch unsere Videoanalysten, die nicht nur die Spiele für die ganze Mannschaft aufbereiten, sondern auch immer da sind, wenn wir individuelle Fragen haben – beispielsweise zur Positionierung im Spielaufbau. Dann schneiden sie uns extra Material dafür zusammen und gehen das mit uns durch. Ansonsten haben wir alle eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio und können sowohl den Platz und die Räumlichkeiten am Rebstockgelände als auch das Gelände am Stadion am Brentanobad nutzen, sodass immer genügend Raum für Trainingseinheiten zur Verfügung steht.
Wie schaut denn eine typische Trainingswoche bei euch während der Saison aus?
Nüsken: Wenn wir Sonntags ein Spiel hatten, ist am Montag normalerweise Regenerations-, oder Spielersatztraining – je nachdem, wie viele Minuten man auf dem Platz stand. Dienstags machen wir dann komplett frei. Mittwochs und donnerstags sind je zwei Einheiten angesetzt und freitags haben wir dann unser Abschlusstraining vor dem nächsten Spiel.
Das heißt, auch bei euch wird explizit auf die richtige Belastung geachtet und dementsprechend alles gesteuert?
Nüsken: Genau. Wir haben unsere Trackinggeräte eigentlich bei jedem Training und in jedem Spiel um. So können unsere Athletiktrainer alles genau nachhalten und gegebenenfalls individuell die Belastung für die kommenden Einheiten anpassen.
Und inwiefern unterscheidet sich eine Trainingswoche in der Rückrundenvorbereitung von einer während der Spielzeit?
Nüsken: Wir haben mehr Spiele und weniger frei (lacht). Ich finde es aber auch wichtig, dass in der Vorbereitung eine gewisse Intensität herrscht, die man im regulären Spielbetrieb vielleicht nicht halten kann.
...wir wollen natürlich daran arbeiten, dass der Erfolg erhalten bleibt und kümmern uns in der Vorbereitung deshalb vor allem um die Automatismen.
Und schwerpunktmäßig? Nach so einer erfolgreichen Hinrunde gibt es ja wahrscheinlich nicht viel zu korrigieren.
Viel zu korrigieren nicht, aber wir wollen natürlich daran arbeiten, dass der Erfolg erhalten bleibt und kümmern uns in der Vorbereitung deshalb vor allem um Automatismen. Unser Pressing ist beispielsweise sehr intensiv und fordert gut getimte Abläufe. Da ist es vorteilhaft, nicht lange darüber nachdenken zu müssen, wohin man läuft.
Erklär doch zum Abschluss gerne einmal, was Frauenfußball heutzutage für dich ausmacht.
Frauenfußball hat eine gute Entwicklung gemacht und wird immer größer. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Athletik immer wichtiger und das Spiel dadurch schneller wird. Ansonsten ist er immer noch sehr taktisch geprägt. Außerdem herrschen auf dem Platz stets eine riesen Leidenschaft und Emotionen. Ich erinnere mich da beispielsweise gerne an unseren Sieg über den FC Bayern zurück. Der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaften ist einfach enorm und das spüren auch die Zuschauer.
In Fußballtraining-Ausgabe 1+2/2022 „Die Rückrunde im Fokus" sprach Eintracht-Trainer Niko Arnautis mit uns über die erfolgreiche Hinrunde, seine Spielidee und lieferte umfangreiche Einblicke in die Wintervorbereitung mit seinem Team. Reinschauen lohnt sich!