FTJ 2/24 Ergänzung: Fußball - Schule fürs Leben
Das richtige Timing finden
Eben hatte Emilio noch gestrahlt und mich erwartungsfroh angesehen. Doch im nächsten Moment zitterte seine Unterlippe leicht und seine Augen wurden feucht. Ich hatte meine Jungs zu Trainingsbeginn zusammengerufen, die obligatorische Ansprache gehalten und wollte bei dieser Gelegenheit eigentlich schon einmal auf die Veränderungen in der neuen Saison zu sprechen kommen. Nach wenigen Sätzen merkte ich jedoch: Der Zeitpunkt war falsch. Völlig falsch.
In den folgenden Wochen kamen noch zahlreiche „falsche Zeitpunkte“. Mal fehlten die Minuten vor dem Training, mal fehlten Spieler und deren Eltern, für die die Informationen besonders wichtig waren. Doch im Grunde lag es einzig und allein an meiner Person. Dabei weiß ich als Journalistin und Trainerin, die seit über 20 Jahren bundesweit Kommunikationsseminare leitet, sehr wohl, wie man Gespräche führt. Und es fehlte auch nicht an Zeit und den richtigen Worten: Mir fehlte schlicht der Mut!
Und so schob ich die Ansprache an meine Spieler ein ums andere Mal auf und ging den Gesprächen mit den Eltern gekonnt aus dem Weg. Ich vertröstete sie auf einen späteren Moment und fühlte mich elend. Ich ahnte: Bei aller Freude über die großartigen Fortschritte, die meine Jungs gemacht hatten, bei aller Begeisterung, mit der die Kinder zum Training und den Spielen kamen, bei aller Wertschätzung, die ich von den Eltern erhielt: Es würde nicht einfach werden und vielleicht sogar Tränen geben.
Kommunikation ist mehr als das Sender-Empfänger-Prinzip
Wir alle wissen, dass bereits die Kommunikation zwischen Erwachsenen nicht einfach ist. Zwar kennt inzwischen beinah jeder das Sender-und-Empfänger-Prinzip, doch kaum jemand macht sich klar, dass es der Empfänger ist, der dem Gesagten den Sinn gibt. Konkret bedeutet das: Nicht beim Empfänger ist das Problem zu suchen, wenn eine Nachricht oder Information nicht richtig verstanden wird, sondern beim Sender, denn diesem ist es im Zweifelsfall nicht gelungen, so zu formulieren, dass es beim Gesprächspartner unmissverständlich ankommt.
Doch damit nicht genug. Grundsätzlich müssen wir uns als Trainerinnen und Trainer immer wieder bewusst machen, dass die Kommunikation ein anspruchsvolles Gebiet ist, auf dem man sich ständig weiterbilden muss. Nicht nur, weil es die mediale Welt von uns verlangt, sondern auch, weil die Wünsche und Vorstellungen der beteiligten Gruppen und wiederum jeder einzelnen Person, kaum identisch sind und darüber hinaus, ungleich vorgetragen werden.
Zieht man zudem noch in Betracht, dass das Verständnis und das Verstehen oft weit auseinander gehen und die Möglichkeiten und Fähigkeiten sich zu artikulieren, höchst unterschiedlich sind, wird deutlich, wie bedeutsam es ist, sich auch kommunikativ gut aufzustellen.
Das Paradoxon der modernen Zeit: Die Kommunikationsmittel werden immer besser, doch die Kommunikation wird immer schlechter.
Formen der Kommunikation
- Verbale Kommunikation: Bezeichnet alles, was wir mündlich formulieren
- Nonverbale Kommunikation: Meint Mimik, Gestik und Körpersprache
- Paraverbale Kommunikation: Fasst Artikulation, Tonfall, Lautstärke, Stimmlage, Sprechtempo und -pausen zusammen
- Schriftliche Kommunikation: Nachrichtenübermittlung in Schriftform - analog wie digital
- Visuelle Kommunikation: Vermittlung von Informationen und Daten mit Hilfe verschiedener Medien
Die Bedeutung des Zuhörers
Die Kompelxität des Themas lässt sich anhand der Auflistung der Kommunikationsformen nur erahnen. Denn erschwert wird das Ganze durch den Faktor des „Hörens“. Das simple Zuhören fällt bereits vielen schwer, ganz zu schweigen vom „aktiven Zuhören“. Hierfür braucht man nicht nur Kenntnisse und die Bereitschaft, auf den Kommunikationspartner einzugehen, sondern auch die nötige Zeit. Ich hatte sie oft nicht und wenn ich sie mir nahm, waren es nicht selten die Eltern oder Spieler, die zum nächsten Termin eilten.
Hinhören reicht nicht. Wer erfolgreich kommunizieren will, muss das Zuhören trainieren.