FT zu Besuch bei der BDFL Regionalkonferenz in Hannover
Theorie und Praxis zur Wahrnehmung und Vororientierung
Während einer Partie sind der Ball und die Spieler ständig in Bewegung. Durch ihr Anbieteverhalten öffnen und schließen Angreifer Räume und es ergeben sich neue Situationen. Um das Geschehen verstehen und trotz der komplexen Situation richtige Entscheidungen treffen zu können, hilft es insbesondere vor einer Ballaktion, sich immer wieder umzuschauen und die Umgebung zu „scannen”. Dieses Verhalten wird von Trainern unterschiedlich bezeichnet – meist fallen Begriffe wie Scannen, Wahrnehmen, (Vor-)Orientierung oder Schulterblick. Sie alle beschreiben das Blickverhalten der Spieler und lassen sich folglich unter diesem Begriff vereinen.
Wollen wir das Sammeln von relevanten Informationen über das Blickverhalten innerhalb einer Einheit verbessern, sollten wir das Wahrnehmen nicht von der Entscheidungsfindung trennen und das Geschehen möglichst spielnah halten. Ohne Gegenspieler und mit vorgegebener Handlung (A passt zu B) erhalten die Spieler keine Rückmeldung, ob sie die Situation verstanden haben. Die Trainingsformen sollten also möglichst spielnah sein sowie Variablen wie Gegnerdruck oder Positionierung gezielt genutzt werden, um das Blickverhalten zu schulen.
Das Coaching der Wahrnehmung verzichtet auf Hilfestellungen wie „linke Schulter!” und greift so wenig wie möglich in den Entscheidungsprozess ein. Die Spieler müssen sehen, woher der Druck kommt, und entsprechend reagieren und es nicht vom Trainer vorgesagt bekommen. Das Coaching findet also vermehrt in den Pausen oder zwischen den Aktionen statt. Im Gespräch mit den Spielern kann die Situation erörtert und mögliche Lösungen erarbeitet werden.
Hinführung 1
Orientieren, Dribbeln und Passen
Organisation
2 aneinandergrenzende 18 x 15 Meter große Felder markieren.
Pro Feld 10 Spieler einteilen und mit den entsprechenden Skillshirtz und 3 Bällen ausstatten.
Ablauf
Die Spieler bewegen sich im Feld und passen sich zu.
Es gilt: Die Leibchenfarbe auf der Seite des Passfußes (z. B. rechter Fuß = gelbe Trikothälfte = gelber Passempfänger) muss mit der des Passempfängers übereinstimmen.
Variationen
Die Leibchenfarbe auf der Seite des passenden Fußes muss der Empfänger des folgenden Zuspiels tragen. Bsp.: A passt zu B mit rechts (Leibchenfarbe Gelb), dann muss B jemanden mit der Leibchenfarbe Gelb anspielen.
Die Kontaktanzahl auf 3 begrenzen.
Coachingpunkte
„Blick oben!”: Die Spieler sollen sich immer wieder umschauen, um Passoptionen zu erkennen und sich untereinander abzustimmen.
„Scannen, wenn der Ball fließt”: Als Passempfänger vororientieren und schon die Spielfortsetzung planen, bevor der Ball ankommt.
Hinführung 2
Vororientieren mit Gegner im Rücken
Organisation
Ein 30 x 15 Meter großes Feld markieren und 5 Meter neben jeder Seitenlinie 2 Hütchen gemäß Abbildung aufstellen.
6 Spieler von Team Blau und 5 Verteidiger (hier: Rot) befinden sich im Feld.
An jedem der 8 äußeren Hütchen steht jeweils 1 Anspieler (hier: Blau), 6 von ihnen haben einen Ball.
Ablauf
Die Innenspieler fordern aus der Bewegung Zuspiele von außen.
Erhalten sie den Ball, lassen sie klatschen oder suchen eine andere Passoption außerhalb des Feldes.
Mit dem Zuspiel nach außen kommt der Passempfänger entgegen, dribbelt ums eigene Hütchen und wieder Richtung Feld, um abzuspielen.
Die Verteidiger versuchen, Pässe abzufangen und Team Blau bei der Annahme und Spielfortsetzung innerhalb des Feldes zu stören.
Nach einiger Zeit wechseln die Aufgaben.
Coaching
„Seid aktiv!”: Immer wieder neu anbieten, um sich vom Gegner zu lösen.
„Offen stehen!”: Die Spielfortsetzung auf die gegenüberliegende Seite ist unser Ziel.
Hauptteil 1
7 plus 1 gegen 7
Organisation
Ein 45 x 15 Meter großes Feld mit 2 Toren mit Torhüter und 5 Zonen (5-10-10-10-5 Meter) gemäß Abbildung markieren.
2 Siebener-Teams bilden und 1 Neutralen bestimmen.
Die angreifende Mannschaft (hier: Blau) postiert jeweils 2 Spieler in einer der 3 zentralen Zonen.
Die verteidigende Mannschaft (hier: Rot) stellt jeweils 2 Spieler auf die Linien zwischen den Zonen gemäß Abbildung.
Ablauf
Der Torwart von Blau eröffnet und darf nur einmal pro Angriff angespielt werden.
Es darf keine Zone überschlagen werden.
Die Angreifer Blau sind in ihren Zonen gebunden, dürfen aber eine Zone mit 1 Spieler überladen, um eine 3-gegen-2-Situation herzustellen.
Der Neutrale darf sich den Zonen 2, 3 und 4 frei bewegen.
Blau darf nur aus den Zonen 4 und 5 abschließen.
Die Verteidiger Rot sind in ihren Zonen gebunden und dürfen sich mit dem ersten Ballkontakt von der Linie bewegen und verteidigen.
Erobert Rot den Ball, greift es nach den gleichen Regeln das Tor von Blau an.
Hauptteil 2
Im 11 gegen 11 zwischen die Linien gelangen
Organisation und Ablauf
Ein 70 Meter tiefes Feld mit 2 Toren mit Torhütern und 3 Linien gemäß Abbildung markieren.
2 Teams à 11 Spieler inklusive Torhüter bilden.
Das angreifende Team (hier: Blau) agiert im 4-2-3-1. Die offensiven Flügelspieler bieten sich zentral an, um die Mitte zu überladen.
Das verteidigende Team agiert im 4-4-2 und bewegt sich zu Beginn auf den Linien.
Nach 5 Pässen oder einem Pass hinter die erste Linie darf die verteidigende Mannschaft die Linien verlassen und sich frei bewegen.
danach freies Spiel im 11 gegen 11 mit Abseits
Wirkung der Steuerungsmittel
Die Breite des Feldes erschwert es den Verteidigern, den Gegner unter Druck zu setzen, und vergrößert so dessen Zeitfenster, um zu scannen.
Das Auf-Linie-Verteidigen schafft klar erkennbare Räume zwischen den Ketten und erleichtert die Annahme im Zentrum.
Die 5-Pässe-Regel fördert das geduldige Aufbauspiel, lockt den Gegner und ermöglicht die Vorbereitung des Spiels nach vorn.
Coaching
„Ballfern Geduld!”: Die ballfernen Angreifer sollen ihre Position halten, um Gegner zu binden und ballnah Raum zu schaffen oder eine gute Passoption bei einem Seitenwechsel zu bieten.
Schlussteil
11 gegen 11
Organisation
Ein Spielfeld von Strafraum zu Strafraum mit 2 Toren mit Torhütern markieren.
2 Teams à 11 Spieler inklusive Torhüter einteilen.
Ablauf
- 11 gegen 11 mit Abseits
- Defensiv agieren beide Teams im Mittelfeldpressing.
Coaching
„Orientieren!”: Die Spieler sollen sich ständig an den Pass- und Laufrichtungen der Mit- und Gegenspieler orientieren.
„Geduldig sein!”: Den Raum vor sich beobachten und im richtigen Moment tief spielen.