Erfolgsfaktoren der Wölfinnen
Machtkampf an der Spitze
Bis zur Saison 2011/12 wechselten sich Turbine Potsdam und der 1.FFC Frankfurt (inzwischen Eintracht Frankfurt) an der Spitze der Frauen Bundesliga ab und sammelten fleißig Meisterschaften. Ab der Saison 2012/13 führten der VfL Wolfsburg und die Frauen des FC Bayern München dieses Spiel munter weiter, wenngleich die Wölfinnen bis zu dieser Saison insgesamt siebenmal am Ende die Schale in die Luft reckten, während es für die Bayern „nur" viermal reichte. Mit der Titelverteidigung in dieser Saison kommt die fünfte Meisterschaft in dieser Periode hinzu und vor nicht allzu langer Zeit sorgte der Begriff „Wachablösung" in der Szene für Diskussionen.
Bayern-Präsident Herbert Hainer hatte von einer solchen gesprochen und dem VfL Wolfsburg den Kampf angesagt. Doch nicht nur das: Zu jener Zeit wurde der geplante Wechsel von Lena Oberdorf vom VfL zum FC Bayern öffentlich. Oberdorf gehört mit ihren gerade mal 22 Jahren schon zu den absoluten Weltklassespielerinnen auf ihrer Position und soll dementsprechend für kolportierte 400.000€ zu den Bayern gehen. So viel Geld hatte im Frauenfußball bisher nur der FC Barcelona an Manchester City für Keira Walsh bezahlt. Weitere Transfer-Ansagen machten die Bayern schon vor dieser Saison mit den Verpflichtungen von Pernille Harder (u.a. zweimal Europas Fußballerin des Jahres und einmal Weltfußballerin des Jahres) und Magdalena Eriksson (u.a. fünfmal englische Meisterin und Champions League Siegerin) vom FC Chelsea.
In Wolfsburg hingegen konzentriert man sich weiterhin vor allem auf nationale Transfers. Deutschsprachige Talente aus der Bundesliga wie Vivien Endemann, Camilla Küver und Riola Xhemaili dürfen beim VfL den nächsten Schritt machen und werden behutsam ans internationale Spitzenniveau herangeführt. Dies gelang vor allem bei Vivien Endemann. Die damals 21-Jährige Stürmerin kam mit einer Empfehlung von 16 Treffern in 50 Partien von der SGS Essen und verbesserte ihre Quote bei den Wölfinnen direkt auf 14 Treffer bei halb so vielen Einsätzen. Resultat: Die Nominierung für die A-Nationalmannschaft der Frauen.
Das „Pokalmonster"
Die Wölfinnen verloren in dieser Saison bisher lediglich drei Spiele. Zwei davon allerdings im direkten Duell mit den Bayern, die in der gesamten Spielzeit nur eine Niederlage hinnehmen mussten - zwei Partien sind zum jetzigen Stand noch offen. Dazu gesellen sich zwei Unentschieden (die Bayern lieferten derer drei), sodass man in München bereits zwei Spieltage vor Schluss die Meisterschaft feiern durfte.
International sah es für beide Teams schlecht aus. Wolfsburg scheiterte in der Champions League Qualifikation am Pariser FC, die Bayern (aufgrund der vorausgegangenen Meisterschaft automatisch qualifiziert), schieden in der Gruppenphase aus und wurden hinter Paris Saint-Germain und Ajax Amsterdam nur Dritter. „Voller Fokus auf die Liga" ist in solchen Fälle meist die Reaktion.
Und diese gelang den Bayern-Frauen in dieser Saison einfach besser als den Wölfinnen. Die direkten Duelle waren definitiv das Zünglein an der Waage und so blieb Stroot und seinem Team nur noch der DFB-Pokal, um für ein wenig Genugtuung zu sorgen und den Münchner Kampfansagen zu trotzen. Das taten sie im Finale schließlich mit Erfolg.
Aus Stadionsicht lässt sich festhalten: Der VfL war in vielerlei Belange überlegen und gerade in der erste Hälfte aktiver. Folgerichtig stand zur Halbzeit das spätere 2:0 Endergebnis fest. Die Münchnerinnen versuchten sich zwar noch einmal heranzutasten, doch Wolfburg blieb stabil und durfte auch wegen einer überragend aufgelegten Merle Frohms am Ende einen weitestgehend ungefährdeten Pokalsieg feiern.
Die Trainingsprinzipien der Wölfinnen
- Wir sorgen für eine perfekte Trainingsatmosphäre
Wir sorgen durch unseren Aufbau, die Taktung und die Verbindung zwischen Spiel und Training für eine ideale Lern- und Trainingsatmosphäre. Ziel ist, dass die Dynamik des Trainings nicht durch lange Wartezeiten gestört wird und trotzdem genügend Pause vorhanden ist, um in der nötigen Qualität zu performen. - Wir trainieren immer in Bezug zum Spiel
Das Spiel macht die besten Übungen. Um maximal effektiv zu arbeiten, bauen wir uns unsere Trainingsformen aus dem 11 gegen 11. So arbeiten wir immer mit realistischen Situationen in Originalräumen unter Zeit- und Gegnerdruck und verbessern unser Spielverhalten - Wir spielen Fußball
Inhalte sollen im richtigen Rahmen und vor allem in Spiel- und Wettkampfformen integriert werden. Spielen steht klar vor dem Üben! Spielen, Wettbewerbe und Wiederholungszahlen sorgen für Spaß und unterstreichen in Verbindung mit meiner Spielvision meine Idee von Fußball. - Wir trainieren auf Qualität - nicht auf Quantität
Um unsere Qualität im Spiel zu verbessern und über die gesamte Spielzeit zu stabilisieren, sind die Qualitäten der Fußballaktionen für uns der größte Indikator. Dies berücksichtigen wir in der Trainingsplanung und im Rahmen unserer Periodisierung. Die Spielerinnen geben in dem gesteckten, geplanten und gegebenenfalls angepassten Rahmen immer 100 Prozent. - Wir trainieren Lösungen, keine Probleme
Wir trainieren immer Lösungen und coachen vor allem detailliert und positiv! Der Fokus liegt hierbei stets auf uns und unserer Entwicklung. Probleme oder Herausforderungen werden analysiert und anhand unserer Lösungen gemeistert. - Wir fokussieren uns auf Qualitäten und nicht auf Schwächen
Für die Dynamik im Training und im Spiel sowie die Förderung der Spielfreude und des Mutes ist uns wichtig, die Qualitäten weiter zu fördern und auch bewusst zu machen. In Trainingseinheiten und Videoanalysen liegt der Fokus auf dem „Stärken stärken“! Auch über unsere Kommunikation versuchen, wir diesen Prozess zu stimulieren! - Wir trainieren das Gewinnen
Jedes Training soll einen Wettkampf beinhalten. Ziel ist, sich auch im Trainingsalltag stets durchsetzen zu wollen und unser Ziel des Gewinnens auch hier zu integrieren!
Den vollständigen Beitrag über die Wolfsburger Erfolgsfaktoren mit tiefen Einblicken in die Arbeit von Tommy Stroot und seinen Co-Trainerinnen sowie zwei kompletten Trainingseinheiten findet ihr in Fußballtraining Ausgabe 3 des Jahrgangs 2024. Eine digitale Version der Ausgabe könnt ihr hier nachbestellen!