Der Internationale Trainer-Kongress 2023
Analyse der großen Turniere
Den Auftakt in die dreitägige Veranstaltung machte nach einigen Grußworten der deutsche U21-Nationaltrainer Antonio di Salvo. Er präsentierte gemeinsam mit Hannes Wolf die Ergebnisse der verbandsinternen Analyse der Weltmeisterschaft 2022 und fokussierte sich dabei vor allem auf die individuellen Qualitäten und Fähigkeitenprofile der Schlüsselspieler aus den Teams der Finalteilnehmer.
Darauf aufbauend stellten die Referenten heraus, wie ihre Nationaltrainer-Kollegen der A-Mannschaften genau diesen Spielern gewisse Freiheiten gewähren und trotzdem erfolgreich sein konnten. So wurden Szenen gezeigt, in denen deutlich zu sehen war, wie die Argentinier und Franzosen für ihre Topstars Lionel Messi und Kylian Mbappé hohen Defensivaufwand betrieben, damit diese ihre Kräfte für spielentscheidende Konter- und Angriffsszenen sparen konnten.
Allerdings ging es nicht nur um diese beiden „Überflieger“, sondern unter anderem auch um deren Teamkollegen Ibrahima Konaté, dessen herausragende Physis gepaart mit gutem Deckungsverhalten und starkem Timing beim Vorwärts-Verteidigen hervorgehoben wurde, und Julian Álvarez, der insbesondere durch sein Raumgefühl und das direkte Spiel nach vorne mit maximal zwei Kontakten bestach.
Abschließend schlug di Salvo die Brücke zum Turnier seiner eigenen Mannschaft und stellte einige Statistiken vor, die – ähnlich wie beim A-Team – ein positiveres Abschneiden der Mannschaft erahnen lassen sollten. Nichtsdestotrotz habe man aus dem Scheitern die richtigen Schlüsse gezogen und arbeite nun noch stärker an der Ausprägung individueller Qualitäten in den Kadern der deutschen Nationalteams. Einen Hoffnungsschimmer strahlte dahingehend die U17-Mannschaft aus, die in diesem Jahr gegen Frankreich den Europameister-Titel gewinnen konnte.
Den vollständigen Analysebericht samt Hintergrundinformationen findet ihr auf der Seite der DFB-Akademie.
Vielfältige Ansätze zum Thema Periodisierung
Das Kernthema „Periodisierung“ wurde von vielen Referenten aufgenommen und in unterschiedlichen Teilbereichen ausgeführt. So stellten zunächst Thomas Krücken (Leiter der Nachwuchsabteilung), Michael Stügelmaier (Koordinator Sport-Technologien) und Mathias Schiele (Individualtrainer NLZ) die Periodisierung des Techniktrainings im Zuge der strategischen Talententwicklung beim VfB Stuttgart vor.
Weiteren Input gab es von Daniel Niedzkowski (Leiter Pro Lizenz-Ausbildung des DFB, Co-Trainer U21-Nationalmannschaft des DFB, Präsidiumsmitglied des BDFL), der einen allgemeinen Überblick über das Thema und dessen Herkunft aufzeigte, um es schließlich in den komplexen Rahmen des Fußballs einzuordnen.
Noch spezifischer ging es dann wiederum in den Vorträgen von Krunoslav Banovcic (Fitnesscoach A-Nationalmannschaft des DFB) und Tim Stegmann (Verbandssportlehrer Hamburger Fußball-Verband) zu. Während Banovcic aufzeigte, wie die athletische Trainingsplanung sowohl bei Profi- als auch bei Amateurmannschaften aussehen kann, zeigte Stegmann geeignete Trainingsformen aus dem Bereich der taktischen Periodisierung.
Entwicklung des Kinder- und Jugendfußballs
Neben der Periodisierung war die Entwicklung des Kinder- und Jugendfußballs ein weiteres, ausgiebig besprochenes Thema auf dem ITK 2023. Besonders Hannes Wolf betonte immer wieder die Wichtigkeit des sogenannten „Übergangsbereiches“, der zwischen dem Verlassen des Leistungszentrums und dem Eintritt in den Profifußball steht. In seiner Vorstellung der Trainingsformen für den Kinder- und Jugendfußball spricht er immer wieder vom „Blick nach unten“.
Zu häufig würden Trainer nach oben schauen und sich fragen, auf welche zukünftigen Herausforderungen sie ihre Mannschaft vorbereiten sollen. Vielmehr müsse man sich die Frage stellen: „Worauf baue ich eigentlich auf?“ Dementsprechend zeigte er vielfältige kleine Spielformate vom 2 gegen 2 bis hin zum 4 gegen 4 – für Kinder auf Minitore im Kleinspielfeld ebenso wie für Ältere auf Großtore im doppelten Strafraum motivierend.
Defensivtraining mit Heiko Westermann, Spielverlagerung mit Christian Brand
Raus aus dem Kongresszentrum, rauf auf den Trainingsplatz! Kurze Wege zum Weserstadion ermöglichten den Gästen des ITK eine angenehme Anreise zu den Praxiseinheiten, die den jeweiligen Kongresstag abrundeten. Heiko Westermann (Co-Trainer U19-Nationalmannschaft DFB), Mario Himsl (Co-Trainer U16-Nationalmannschaft DFB) und Dennis Hill (TW-Trainer U19-Nationalmannschaft DFB) zeigten mit der Bremer U17 zunächst eine Einheit zum Thema „Strafraumverteidigung – Zusammenspiel von Torhüter und Abwehr“.
Anschließend führten Christian Brand (Cheftrainer U23 SV Werder Bremen), Cédric Makiadi (Cheftrainer U19 SV Werder Bremen) und Nelson Valdez (Co-Trainer U19 SV Werder Bremen) durch eine Trainingseinheit zur „Spielverlagerung raus aus dem Druck“ mit der U19 des SV Werder durch, deren Lernziele am Folgetag in einem Trainingsspiel überprüft werden sollten.
Die Resultate dieser Beobachtung wurden schließlich am Folgetag präsentiert. Dazu kam mit Noah Thoma der Athletiktrainer der Bremer U23 auf die Bühne, der diesen Rahmen auch dazu nutzte, den Teilnehmern einen Einblick in die Datenerhebung und -verarbeitung beim SV Werder Bremen zu geben. Im Anschluss an seinen Vortrag wurde die Veranstaltung mit der obligatorischen Podiumsdiskussion – diesmal zum Thema „Erfolgsfaktor Periodisierung" – abgerundet.
Michael Leopold moderierte rund um die Gäste Frank Baumann, Robert Klauß, Robin Dutt, Jens Nowotny und Schiedsrichter Robert Schröder, der schließlich auch einen Appell an die Trainerkollegen hinsichtlich mehr gegenseitiger Rücksichtnahme und Verständnis für die Schiedsrichter richtete. Ein wichtiges Schlusswort, mit dem alle Anwesenden aus einem lehrreichen Austausch entlassen wurden.
Detailliertere Einblicke in die Inhalte des diesjährigen ITK liefern wir in naher Zukunft in unserer Zeitschrift und natürlich auch hier auf fussballtraining.com.