Das progressive Spiel
Das Adjektiv „progressiv” bedeutet so viel wie fortschreitend/fortschrittlich. Auf den Fußball bezogen gibt es an, wie oft ein Spieler eine Aktion ausführt, die den eigenen Ballbesitz näher an das gegnerische Tor verlagert. Hauptkriterium ist dabei ist die überwundene Distanz. Der Datendienstleister Wyscout definiert eine progressive Aktion demnach wie folgt:
Definition
Die zu überwindende Distanz, damit ein Pass oder ein Dribbling als progressiv gilt:
- In der eigenen Hälfte = mindestens 30 Meter
- Von der eigenen Hälfte in die gegnerische = mindestens 15 Meter
- In der gegnerischen Hälfte = mindestens 10 Meter
Zwei Bewertungsansätze
Im Gegensatz zum „Packing“ (in FT 11/2020 stellte Impect-Gründer Lukas Keppler diese Kennzahl genauer vor), bei dem hauptsächlich die überspielten Gegner gezählt werden, ist bei den progressiven Pässen und Dribblings ausschließlich die Distanz relevant. Es spielt also keine Rolle, ob bei einem Dribbling vier Gegner ausgespielt oder lediglich ein freier Raum angedribbelt wird. Daraus ergeben sich zwei unterschiedliche Ansätze, um diese Situationen zu erfassen und bewerten:
- Die absolute Anzahl an progressiven Aktionen, die ausgeführt wurden.
- Die Gesamtdistanz, die durch alle progressiven Aktionen überwunden wurde.
Diese beiden Werte können anschließend nochmal in Einzelwerte für Pässe und Dribblings aufgeteilt werden und dadurch einen Überblick über die Spielweise und Qualitäten eines Spielers geben. Bei der progressiven Distanz und den Pässen weisen Verteidiger und defensive Mittelfeldspieler zumeist die besten Zahlen auf, da diese in der Regel das Spiel von hinten aufbauen und dadurch ein großes Potenzial an zu überwindender Distanz besitzen. Offensivspieler hingegen überzeugen bei den progressiven Dribblings, da sie häufig über sehr gute 1-gegen-1-Qualitäten verfügen und enge Räume im Angriffsdrittel seltener durch progressive Pässe anspielen können. Hier eine Übersicht über die aktuell stärksten Spieler aus den europäischen Topligen in den jeweiligen Kategorien:
Wichtig für die Analyse
Progressive Aktionen eignen sich durch ihre relativ simple Definition nicht alleine für eine qualitative Bewertung eines Spielers. Dafür spielen zu viele weitere Faktoren eine Rolle. Gegen tiefstehende Gegner lassen sich große Distanzen beispielsweise einfacher und schneller überwinden, als gegen einen hoch pressenden Gegner. Spieler aus dominanten Mannschaften weisen daher automatisch höhere Werte bei progressiven Aktionen auf. Dennoch können diese Kennzahlen wichtige Hinweise bei der Analyse des eigenen Spiels und der Gegneranalyse geben: Spielt bei einem gegnerischen Innenverteidiger-Duo ein Spieler besonders viele progressive Pässe, während der andere zumeist nur zurück oder quer passt, kann das eigene Pressingverhalten darauf angepasst werden und die Mannschaft dadurch womöglich einen Vorteil erzielen.